Asus präsentiert stolz die ROG Azoth Extreme, eine extrem teure Edel-Variante der ROG Azoth, ihrerseits eine extrem teure Edel-Tastatur. Hochwertige Materialien, ein farbiges OLED-Touchdisplay und satter Tastenklang sollen einen absurden Preis von fast 600 Euro rechtfertigen. Ob die Extreme-Variante für den fast doppelten Preis auch einen entsprechenden Mehrwert gegenüber der regulären Azoth bietet, haben wir im Test herausgefunden.
Ausgerechnet eine der teuersten prebuilt Gaming-Tastaturen, die jemals ihren Weg in unsere Redaktion gefunden hat, erhält einen noch kostenintensiveren Premium-Ableger. Richtig gehört: Die zwischen 250 und 300 Euro teure ROG Azoth, welche wir in unserem Test 2023 als “teuren Spaß” bezeichneten, gibt es jetzt nicht nur als schwarze oder weiße, sondern auch als “Extreme”-Variante für einen schwindelerregenden Preis von 570 Euro.
Bei so einer Summe ist Premium-Schnickschnack nahezu unvermeidlich. Bleibt nur die Frage, ob bei der Azoth Extreme auch eine extreme Qualitätssteigerung der übrigen Funktionen und Features einhergeht.
Design & Verarbeitung
Am grundlegenden und eigentlich überaus schlichten Design der ursprünglichen Azoth scheint sich zunächst nicht viel geändert zu haben, doch es bedarf keines genaueren Hinsehens, um die deutlichen Unterschiede festzustellen: Zumindest ein Teil des hohen Preises scheint in die Verarbeitungsqualität geflossen zu sein, denn anstelle einer einfachen Aluminium-Oberplatte erwartet uns bei der Extreme-Variante ein vollständiges Aluminiumgehäuse mit zum Teil aufwändig gefrästen Mustern.
So kommt die Azoth Extreme auf ein Gewicht von etwa zwei Kilogramm, womit die kompakte Tastatur jeden überrascht, der sie zum ersten Mal hochhebt. Denn auch die Extreme-Variante ist im 75-Prozent-Format gehalten und nimmt verhältnismäßig wenig Platz auf dem Schreibtisch ein. Ein bisschen mehr Platz als für die Original-Azoth müssen wir schon noch freihalten, denn die Premium-Variante wird nun mit einer Handballenauflage geliefert.
Selbst die Handballenstütze liegt recht schwer in der Hand, da auch ihre Unterseite aus Aluminium gefertigt ist. So rutscht die Ablage auch ohne Magnete nicht von der Stelle. Die Oberseite ist mit einer dicken Gummischicht versehen und fühlt sich geschmeidig an.
ROG Azoth auf Steroiden
Weniger geschmeidig sind die Tastenkappen geraten, denn diese sind zwar wieder aus abriebfestem PBT-Kunststoff, der diesmal jedoch eine ungewöhnlich raue Oberfläche aufweist. Das mag für manche ein Zeichen für Qualität sein, anderen sagt das Schleifpapier-Gefühl vielleicht weniger zu.
Ungewöhnlich ist auch die Art der Standfüße: Anstelle der üblichen, mehrstufigen Klapp-Füße legt Asus zwei Paar magnetische Metall-Kegel bei, die an der Unterseite der Tastatur befestigt werden. Diese halten sehr stabil an Ort und Stelle, während sich die Klapp-Füße gerne mal beim Verschieben der Tastatur einklappen. Dafür muss zum Verändern der Aufstellhöhe jedes Mal die Verpackung hervorgekramt werden, was nach einem ersten Ausprobieren allerdings selten vorkommen dürfte.
Ein Design-Detail, das direkt vom Original übernommen wurde, ist der Drei-Wege-Kippschalter anstelle eines Lautstärkerads. Dieser fühlt sich – wie der Rest der Tastatur – sehr hochwertig an und bietet viele Einsatzmöglichkeiten: Eine seitliche Taste schaltet durch die verschiedenen Funktionsweisen, darunter Medienwiedergabe, Lautstärke oder Tastenhelligkeit, die sich dann über den kipp- und drückbaren Schalter bedienen lassen.
Mir persönlich wäre ein normales Rad lieber gewesen, da der empfindliche Schalter schnell gedrückt ist, wenn er eigentlich gekippt werden sollte und andersherum. Eine geringfügige Kritik, die aber bei der Kaufentscheidung zum Preis von 570 Euro durchaus ins Gewicht fällt.
Funktionen & Akkulaufzeit
Als Grund für die Kunststoff-Unterseite der Original-Azoth nannte Asus noch die kabellose Signalübertragung, doch beim Rundum-Metallgehäuse der ebenfalls kabellosen Azoth Extreme scheint die Signalstabilität plötzlich kein Problem mehr zu sein.
Tatsächlich bleibt das Signal der Azoth Extreme im 2,4-GHz- und Bluetooth-Modus durchgehend stabil, erneut kann das aktive Gerät über einen Schieberegler am oberen Rand gewechselt werden. Auch die kabelgebundene Option per USB-C ist wieder dabei, so kann die Tastatur während des Ladevorgangs genutzt werden.
Über 1.600 Stunden sollen im 2,4-GHz-Modus drin sein, solange die Tastenbeleuchtung und das OLED-Display deaktiviert bleiben. Wir halten es für sehr unwahrscheinlich, dass jemand über 500 Euro für eine Premium-Tastatur ausgibt, um sie dann dauerhaft ohne das Display, eines der charakteristischen Features, zu nutzen. Wer beides aktiviert, kommt laut Asus gerade mal auf 92 Stunden Laufzeit, wer nur auf RGB-Tasten verzichtet, muss mit maximal 245 Stunden ebenfalls noch große Einbußen gegenüber der vierstelligen Maximallaufzeit in Kauf nehmen. Natürlich sind auch fast 92 Stunden noch ziemlich lang, doch gerade bei einer Tastatur, deren Kabel aufgrund der statischen Nutzung in der Regel kein Problem darstellt, wäre eine deutlich längere Laufzeit ohne Kompromisse gegenüber Headset, Maus und Co. zu begrüßen.
Lange Akkulaufzeit hat ihren Preis
Ein Großteil der Akkuleistung geht also für den kleinen Bildschirm drauf – entsprechend hoch sind unsere Erwartungen an das überarbeitete Display. Dieses erhält zwar eine kleinere Bildfläche, dafür aber mehr Pixel und vor allem: Farben. Wo zuvor nur verpixelte GIFs mit begrenztem Potenzial möglich waren, lassen sich nun recht hochauflösende Animationen darstellen.
Die Anwendungsszenarien für das OLED-Display bleiben aufgrund der Größe begrenzt. Ein Musik-Visualizer mit Song-Informationen oder Anzeigehilfen für die verschiedenen Funktionen des Drei-Wege-Kippschalters gehören noch zu den nützlichsten Optionen, nach einem ersten Ausprobieren endete der 1,47-Zoll-Touchscreen als nett anzusehende Anzeige für Memes.
OLED-Touchdisplay: Teurer Meme-Spaß
In der Software Armoury Crate lassen sich die dargestellten Animationen oder Bilder eigens hochladen. Hier kann auch ausgewählt werden, welche Arten von Informationen außerdem auf dem kleinen Bildschirm angezeigt werden, und welche Funktionen an die Custom-Option des Kippschalters gebunden sein sollen.
Während sich das OLED-Display als nettes, aber auch nur begrenzt nützliches Gimmick herausstellt, haben wir uns dem – in unseren Augen – noch überflüssigeren Extra noch gar nicht zugewandt: Mit dem beiliegenden Polling-Rate-Booster, einem USB-Adapter, der sich zwischen Dongle und Kabel-Verlängerung basteln lässt, ist bei kabelloser Nutzung eine Abtastrate von bis zu 8.000 Hertz möglich.
Das mag bei Gaming-Mäusen wie zuletzt der ROG Keris II Ace (Test) noch bis zu einem gewissen Grad (und in Kombination mit der entsprechenden Hardware samt Monitor) sehr sinnvoll sein, hat bei einer Tastatur aber nur eine so verschwindend geringe Auswirkung, dass sie wohl nur den eingefleischtesten Profi-Spielern auffallen dürfte. Für diese Zielgruppe mag 8.000-Hz-Polling an der Tastatur durchaus ein Kaufgrund sein, alle anderen finden aber auch abseits der hohen Zahlen noch ausreichend Rechtfertigung für den Kauf der Deluxe-Tastatur.
Tippgefühl
In den bisherigen Kategorien steht die ROG Azoth Extreme mit der Zwischennote “ganz nett” da, was noch lange nicht zur Rechtfertigung des Rekordpreises ausreicht. Gerade Tastaturen-Enthusiasten, denen solche Preise durch ihre Selbstbau-Projekte nicht fremd sind, lassen sich von bunten Displays und sonstigen Gimmicks nur schwer beeindrucken, denn hier zählt vor allem, was die Extreme unter der Alu- und PBT-Fassade zu bieten hat.
Erneut kommen unter den lichtdurchlässigen Doubleshot-PBT-Tastenkappen die hauseigenen NX-Schalter zum Einsatz, in diesem Fall sind es die neuen NX Snow. Diese sind mit einem besonderen Schaft-Design samt kastenförmiger Stützen versehen, das Konzept ist jedoch nicht gänzlich neu. Bei der Azoth Extreme sorgt das Schaft-Design für besonders stabile Anschläge ohne Tastenwackeln, auch wenn die Taste nicht ganz mittig gedrückt wird.
Ein Kritikpunkt unseres ersten Azoth-Tests wurde nicht behoben: Asus setzt North-Facing LEDs ein, die also am oberen Schalterende auf dem PCB sitzen. So wird die Wahl der Schalter und Tasten für Bastler eingeschränkt. Durchschnittsnutzer finden Dank Unterstützung für 3-Pin- und 5-Pin-Schalter dennoch viele Optionen zum Aufmotzen ihrer Tastatur.
Asus verdoppelt den Preis und schmeißt das Lube-Kit des Vorgängers raus
Überhaupt ist Asus wohl der Meinung, dass an der Azoth Extreme nicht weiter herumgeschraubt werden muss. Denn die Tastatur ist zwar nach wie vor Hot-Swap-fähig und leicht aufgeschraubt, doch ausgerechnet das Lube-Kit, ein Set mit Schmiermittel und Pinsel, wird nicht mehr mitgeliefert.
Ehrlich gesagt, hätte ich unter dem doppelten Boden der riesigen Verpackung ein vollständiges zweites Set an ROG NX-Schaltern erwartet, schließlich wird die Tastatur mit zwei Varianten angeboten. Stattdessen liegen hier nur die üblichen Keycap- und Switch-Puller sowie gerade einmal zwei (!) Schalter zum Austauschen dabei.
Trotz dieser Rüge für Asus Knausrigkeit muss ich eingestehen: Die Schalter, Stabilisatoren und alles, was sich sonst auf das Tippgefühl auswirken könnte, sind ab Werk einwandfrei geölt und bedürfen tatsächlich keinerlei nachträglicher Anpassung. Frisch aus der Packung hat jeder Tastenschlag einen satten Klang, kein Federklirren oder Kratzen ist zu hören. Neben vorgeölten Schaltern spielen hierbei verschiedene Faktoren mit ein.
Besser klang noch keine Prebuild-Tastatur
Die Schalter selbst sitzen auf einer robusten, aber leicht flexiblen Kohlefaser-Positionierungsplatte, gleich darunter befinden sich zwei Schichten Poron-Schaumstoff zur Dämpfung der Vibrationen. Das PCB liegt auf einer Silikonmatte, die zum Verändern des Tippgefühls herausgenommen werden kann.
Unter größeren Tasten wie der Leertaste sitzen Schaumstoff-Pads für zusätzliche Dämmung, zudem verwendet Asus eine Dichtungshalterung (Gasket Mount) mit Blattfeder. Letztere lässt sich über einen Schalter an der Unterseite in zwei Stufen einstellen – ein Unterschied zwischen den Optionen hard und soft ist mir ehrlich gesagt nicht aufgefallen.
Mit all diesen Extra-Schritten klingt die ROG Azoth Extreme so gut, wie keine der vorgefertigten Modelle, die wir bisher in der Redaktion hatten. An den satten, klackernden Tastenklang kommen nur die selbstgebauten Modelle unseres hauseigenen Enthusiasten Michas heran. Diese kosten zwar teilweise sogar weniger als das Super-Duper-Luxusmodell von Asus, verzichten aber auf einige Premium-Features wie die Tri-Mode-Wireless-Funktion und das OLED-Touchdisplay.
Fazit
Die ROG Azoth Extreme ist ein kurioser Fall, denn sie setzt eine Preistoleranz voraus, die eigentlich nicht von Käufern der Markenware, sondern anspruchsvollen Custom-Tastaturen-Bastlern zu erwarten ist. Diese Zielgruppe lässt gerne mehrere hundert Euro über die Ladentheke wandern, wenn dafür eine entsprechende Gegenleistung in Form eines hochwertigen Tippgefühls und einer noch höherwertigen Produktqualität geboten wird.
Tatsächlich kann die ROG Azoth Extreme beides bieten, aber gerade in den Augen der Durchschnittskunden rechtfertigt das den Preis nur bis zu einer gewissen Summe. Bereits bei der „normalen“ ROG Azoth handelt es sich um eine sehr gelungene, aber auch sehr teure Tastatur, deren UVP uns vor fast zwei Jahren die Kinnlade herunterklappen ließ. Das Funktionsaufgebot war dafür umso überzeugend, lässt bei der Extreme-Variante aber auch nur wenig Raum für Verbesserungen, die wirklich Eindruck schinden können.
Das OLED-Display und das butterweiche Tippgefühl waren schon vor zwei Jahren Highlights, die nun weiter aufpoliert wurden und zu den wirklichen Stärken der Tastatur gehören. 8.000-Hz-Polling ist dagegen allenfalls für Profis interessant – geschweige denn wirklich spürbar – und der Verzicht auf das Lube-Kit des Vorgängers fühlt sich eher wie ein Rückschritt an. Wirklich innovative Neuerungen, die man bei 570 Euro durchaus erwarten kann, oder zumindest aktuelle High-End-Features wie Hall-Effekt-Schalter, bleiben leider aus.
Gegen Ende meines Testberichts und nach Abgabe der Tastatur vermisse ich tatsächlich das Tippgefühl der ROG Azoth Extreme. Ich würde aber vermutlich auch das Fahrgefühl eines vergoldeten Lamborghinis vermissen. 😂
Pro
- sehr hochwertige Materialien und Verarbeitung
- satter Tastenklang
- große, komfortable Handballenauflage
- farbiges OLED-Touchdisplay
- Hot-Swap-fähig und leichte Demontage
Contra
- absurd hoher Preis
- kein Lube Kit mehr
- empfindlicher Kippschalter
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