Qualcomms Snapdragon 865 gilt aktuell als der schnellste Smartphone-Prozessor auf dem Android-Markt und selbiges galt 2019 für den Snapdragon 855, bis dessen Plus-Variante erschien. Auf dem letztjährigen Snapdragon Tech Summit konnten wir bereits ein Referenzgerät mit dem aktuellsten Premium-SoC benchmarken. Mittlerweile sind erste Oberklasse-Handys mit dem Snapdragon 865 verfügbar und wurden ebenfalls von uns getestet. Zum direkten Vergleich haben wir ein Xiaomi Mi 10 und ein Xiaomi Mi 9 auf ihre Leistung geprüft.
Überblick
Beide SoCs bieten acht Rechenkerne und sind im 7-Nanometer-Verfahren gefertigt. Aufgrund von Optimierungen der Cortex-Mikroarchitektur spricht Qualcomm trotz gleicher Strukturgröße von einer 25-prozentigen Leistungs- sowie Effizienzsteigerung. Beim ersten Test mit dem Referenzgerät wurde die Performance-Angabe sogar in mehreren Benchmarks übertroffen, auch ohne zusätzlichen Performance-Modus.
Zur Erläuterung: Der Perfomance-Modus sorgte beim Referenzgerät dafür, dass der Prozessortakt schneller stieg und zügiger die Leistungskerne aktiviert wurden. Zu einer Übertaktung kam es dabei aber nicht. Hersteller können den optionalen Modus in ihre Android-Benutzeroberfläche integrieren. Bei der MIUI von Xiaomi wäre dies wohl der Game Booster, den wir für den Vergleich aber nicht genutzt haben.
Prozessor | Qualcomm Snapdragon 865 | Qualcomm Snapdragon 855 |
---|---|---|
CPU | Kryo 585: 1x 2,84 GHz + 3x 2,42 GHz + 4x 1,80 GHz | Kryo 485: 1x 2,84 GHz + 3x 2,42 GHz + 4x 1,80 GHz |
GPU | Adreno 650 (587 MHz) | Adreno 640 (585 MHz) |
RAM-Unterstützung | LPDDR5 (2.750 MHz) und LPDDR4X (2.133 MHz) | LPDDR4X (2.133 MHz) |
Strukturgröße | 7 nm | 7 nm |
Bezüglich der CPU sind die Cluster-Aufteilung und die Taktfrequenzen unverändert zwischen den beiden SoCs. Bei den vier Performance-Kernen handelt es sich beim aktuelleren Snapdragon allerdings nicht mehr um Cortex A76-, sondern um Cortex-A77-Kerne von ARM. Zudem unterstützt der Snapdragon 865 sowohl den neuen und schnelleren LPDDR5-Arbeitsspeicher als auch LPDDR4X. Trotz nahezu identischem GPU-Takt ist des Weiteren die optimierte Adreno 650-Grafikeinheit 20 Prozent schneller, so Qualcomm. Leistungsverbesserungen für spezifische Spiele-Apps werden beim Snapdragon 865 neuerdings per Treiber-Update über den Play Store ermöglicht. Eine native Unterstützung für 144-Hertz-Displays mit QHD+ bietet die Adreno 650-GPU auch.
Beispielsweise beim Modem nahm Qualcomm ebenfalls Veränderungen vor. Der Snapdragon 855 bot noch ein integriertes X24-Modem für LTE und ältere Mobilfunkstandards und optional konnten sich Smartphone-Hersteller noch für ein extern angebundenes X50-Modem für 5G-Empfang entscheiden. Ein integriertes Modem existiert beim Snapdragon 865 gar nicht mehr. Stattdessen ist der SoC
an einen zweiten Chip gekoppelt, das X55-Modem mit 5G-Unterstützung. Weitere Fortschritte sind in puncto Bildprozessor (ISP) und KI-Leistung zu verzeichnen – die KI-Performance soll gegenüber dem Snapdragon 855 doppelt so hoch sein.Anmerkungen
Auf dem Referenzgerät testeten wir unter anderem die Leistung in Geekbench 5.0.2 und AnTuTu 8.0.5. Bei den zwei Xiaomi-Handys installierten wir aktuellere Versionen, konkret Geekbench 5.1.1 sowie AnTuTu 8.3.3, weshalb die Werte des Referenzgeräts nicht direkt mit den Smartphones vergleichbar sind. Oftmals passen Benchmark-Entwickler bei Updates die Testparameter oder das Wertungssystem geringfügig an. So erzielte das Mi 9 (Test) in AnTuTu beim aktuellen Durchlauf etwa ein wesentlich anderes Ergebnis gegenüber dem Resultat des ursprünglichen Testzeitraums im März 2019.
Obendrein ist nicht außer Acht zu lassen, dass Benchmarks in der Regel nicht nur die Prozessor- und Grafikleistung, sondern auch den Arbeitsspeicher bewerten. Während das Mi 9 noch über sechs Gigabyte LPDDR4X-RAM verfügt, bietet der Nachfolger, das Mi 10 acht Gigabyte LPDDR5-Arbeitsspeicher. Trotz dieses Unterschieds eignen sich beide Xiaomi-Modelle gut für den Prozessorvergleich, zumal sie die gleiche Android-Oberfläche bzw. -Version sowie eine identische Bildschirmauflösung bieten.
Testergebnisse
Subjektiv ist der Geschwindigkeitsunterschied zwischen dem Mi 9 und seinem Nachfolger marginal. Die Bedienung ist bei beiden Smartphones ruckelfrei und zügig, allerdings wirkt das Mi 10 (Test) geringfügig flüssiger. Dies ist in erster Linie aber eher der höheren Bildwiederholfrequenz des Displays zu verdanken. Mit der Stoppuhr gemessen öffnen Apps Sekundenbruchteile schneller beim neueren Smartphone, allgemein ist der Unterschied jedoch unwesentlich.
Modell | Xiaomi Mi 10 (Snapdragon 865) | Xiaomi Mi 9 (Snapdragon 855) | Qualcomm-Referenzgerät (nicht direkt vergleichbar) |
---|---|---|---|
Geekbench 5 (Singlecore) | 904 Pkt. | 733 Pkt. | 926 Pkt. (933 Pkt. mit Performance-Modus) |
Geekbench 5 (Multicore) | 3.354 Pkt. | 2.814 Pkt. | 3.446 Pkt. (3.464 Pkt. mit Performance-Modus) |
3DMark Sling Shot Extreme (OpenGL ES 3.1) | 7.199 Pkt. | 5.634 Pkt. | nicht getestet |
GFX Bench Car Chase | 42 fps | 36 fps | nicht getestet |
GFX Bench Manhattan 3.1 | 74 fps | 56 fps | nicht getestet |
AnTuTu | 577.351 Pkt. | 434.734 Pkt. | 557.028 Pkt. (566.931 Pkt. mit Performance-Modus) |
Wie erwartet, schneidet der aktuellere Qualcomm-Prozessor in allen Benchmarks besser als sein Vorgänger ab. In Geekbench ist ein Plus von 23 Prozent bei der Single-Core-Leistung und 19 Prozent bei der Multi-Core-Leistung zu verzeichnen. Im 3DMark-Test Sling Shot Extreme unter OpenGL ist das Mi 10 mit dem Snapdragon 865 knapp 28 Prozent schneller. Die Performance fällt bei den GFX Bench-Tests Car Chase und Manhattan 3.1 16 Prozent bzw. 32 Prozent höher aus. Zu guter Letzt ist der neuere SoC auch bei AnTuTu rund 33 Prozent flotter. Zusammengerechnet kommen wir bei den gewählten Szenarios auf ein Gesamtplus von 25 Prozent, was exakt der Herstellerangabe entspricht.
Fazit
Wie erwartet ist der Snapdragon 865 dem Snapdragon 855 überlegen. Die höhere Leistung fällt aber nur in Benchmarks auf. Spürbare Unterschiede in der Bedienung der beiden Handys gab es nicht aufgrund der Performance, sondern wegen des 90-Hertz-Displays des Xiaomi Mi 10.
Das Resultat gilt ebenfalls für Prozessoren anderer Hersteller, etwa Huawei oder Samsung. Mittlerweile ist in der Android-Oberklasse schlichtweg ein solch hohes Leistungsniveau erreicht, dass kein spürbarer Geschwindigkeitsvorteil in der Realität vorhanden ist – zumindest nicht mit einer Bildwiederholfrequenz von 60 Hertz.
Zusätzliche Leistungsreserven können jedoch nie schaden, um die Langlebigkeit eines Geräts zu gewährleisten. Außerdem ist nicht nur die Leistung bei einem Smartphone-Prozessor entscheidend. Mit jeder Generation verbessern sich auch die Möglichkeiten in Bezug auf die Bildverarbeitung, KI-Funktionen, die Konnektivität und Energieeffizienz.
Mit * oder markierte Links sind „Affiliate-Links“. Mit dem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Verkaufsprovision, ohne dass du mehr bezahlst.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher, weiblicher und diverser Sprachformen (m/w/d) verzichtet. Alle Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.
Kommentieren, Austauschen und Fragen...
Schreibe einen eigenen Kommentar