JBL Tour One M2 im Test: Das beste Noise-Cancelling?

Reisekopfhörer mit großem Funktionsaufgebot

Der neue JBL Tour One M2 greift den enormen Funktionsumfang des Vorgängers auf und ergänzt ihn weiter. Mit adaptiver Geräuschunterdrückung, langer Akkulaufzeit und zahlreichen Smart-Features soll der M2 Kopfhörer der perfekte Reisebegleiter sein.

Die Premium-Kopfhörerserie Tour ist auf adaptives Noise-Cancelling spezialisiert, soll also unterwegs immer den richtigen Grad an Geräuschunterdrückung bieten. Beim neuesten Tour One M2 soll es sich nach eigenen Angaben um die „beste Geräuschunterdrückung aller JBL-Produkte“ handeln, die Erwartungen sind also hoch – allein schon beim Preis von 281,99 Euro UVP.

Bereits der Vorgänger, der nun gänzlich vom M2 abgelöst und nicht mehr im Shop angeboten wird, passte die Stärke des Noise-Cancelling automatisch an Umgebungsgeräusche an, sodass der beste Part eines Songs oder Teile eines Telefonats nicht im Rauschen plötzlich vorbeifahrender Autos untergehen.

Design & Verarbeitung

Für einen Kopfhörer, der uns lange durch den Alltag und auf längere Reisen begleiten soll, macht der JBL Tour One M2 bereits in der ersten Disziplin alles richtig: Er ist auffällig leicht. Mit nur 284 Gramm bringt dieses Over-Ear-Modell deutlich weniger auf die Waage, als sein Design anmuten lässt. Letzteres ist zeitlos schlicht gehalten, neben einer schwarzen Farboption steht mit „Champagner“ aber auch eine minimal auffälligere Variante zur Auswahl.

Sowohl das geringe Gewicht als auch der irreführende erste Eindruck sind mit der Entscheidung verbunden, den Kopfhörer rein aus Kunststoff zu fertigen. Das gilt auch für einzelne Applikationen in Metalloptik. Die Verarbeitungsqualität ist dabei jedoch nicht auf der Strecke geblieben, im Gegenteil fühlen sich die matten, weichen Kunststoffoberflächen und Bezüge an Bügel und Polstern aus Lederimitat sehr hochwertig an.

Im Reisegepäck verstaut geht der Tour One M2 also nicht zu sehr ins Kreuz, zudem können sie für den Transport auf einen sehr kompakten Formfaktor zusammengefaltet werden. Im mitgelieferten Reiseetui nehmen sie etwas mehr Platz in Rucksack und Co. weg, sind dafür aber deutlich besser vor Schäden geschützt.

Bestens für lange Reisen gerüstet

Außerdem enthält die Transportschale ein Staufach für Bedienungsanleitung und Zubehör. Erstere empfiehlt sich bei dem schieren Funktionsumfang auf Reisen dabei zu haben, letzteres ist mit einem Reiseadapter für Flugzeug-Kopfhörerbuchsen und einem AUX-Kabel als Reisebegleiter ebenfalls nicht von der Hand zu weisen.

Die Bedienelemente am Gerät sind recht überschaubar, aber nicht zu knapp gehalten: Neben den erwähnten Anschlüssen für USB-C und 3,5-mm-Klinke gibt es linker Hand eine Taste zum Durchschalten der Noise-Cancelling-Modi sowie rechts eine Lautstärkewippe und einen Power- und Pairing-Schalter. Alle Bedienelemente sind deutlich voneinander unterscheidbar und können ohne Eingewöhnung schnell ertastet werden. Bei näherer Betrachtung fallen zudem mehrere Öffnungen für Mikrofone auf, die auf die umfangreichen Noise-Cancelling-Funktionen hindeuten.

Eigenschaften & Klangqualität

So unscheinbar der elegante Kopfhörer auch aussehen mag, so vollgepackt ist er mit mehr oder weniger smarten Komfortfunktionen. Angefangen mit den „Evergreens“ aller Kopfhörer, die mit mindestens einem Bein im Premium-Segment stehen: Der Tour One M2 pausiert automatisch die Wiedergabe, wenn er abgenommen wird und erkennt sogar, wenn nur ein Ohrhörer für ein kurzes Gespräch leicht zur Seite geschoben wird. Nach dem Aufsetzen wird die Wiedergabe fortgesetzt.

Diese Trageerkennung funktioniert in etwa 90 Prozent der Fälle, nur selten lief die Musik weiter oder setzte nach einer Pause nicht wieder von alleine ein. Hier reicht ein kurzes Antippen der Ohrmuschel, um den Song zu pausieren oder weiterlaufen zu lassen. Denn als zweites Premium-Standardfeature unterstützt der Tour One M2 natürlich auch die Bedienung über berührungsempfindliche Touch-Sensoren. Diese funktionieren überraschend gut, wenngleich die großen Außenflächen der Ohrmuscheln als Touch-Bedienfelder sehr viel Potenzial für versehentliche Eingaben beim Herumhantieren bieten.

Die Steuerung der Wiedergabe gestaltet sich geräteübergreifend sehr angenehm, per Bluetooth Multipoint lassen sich zudem zwei Quellen gleichzeitig verbinden und nahtlos Musik vom Laptop/PC oder Smartphone abspielen.

JBL Headphones App – Der Schlüssel zum vollen Hörerlebnis

Erst durch die JBL Headphones App entfaltet der Tour One M2 ihr volles Potenzial: Die kostenlose App wird auch für weniger hochpreisige Modelle verwendet, zeigt jedoch je nach Modell andere Optionen an. Im Fall des Tour One M2 sind die Einstellungsmöglichkeiten der App außerordentlich umfangreich.

Neben Grundfunktionen wie Anpassungen der Gestensteuerung, der automatischen Abschaltung oder einer Lautstärkebegrenzung für empfindliche Ohren eröffnen sich dem Nutzer hier etliche Sonderfunktionen und Feintuning-Möglichkeiten für die Geräuschunterdrückung und alles, was dazugehört.

Adaptive Geräuschunterdrückung: Vielfältig, aber nicht perfekt

In der App lässt sich neben den drei auf Knopfdruck durchschaltbaren Modi – ANC, Ambient Aware und TalkThru – auch adaptives ANC aktivieren, dessen Pegel automatisch an die Umgebungslautstärke angepasst wird. Dies funktioniert recht zuverlässig und angenehm subtil.

Die Geräuschunterdrückung dürfte nach meinem Geschmack allerdings in der höchsten Einstellung noch ein wenig stärker sein: So werden im Café Stimmen und teilweise sogar die Hintergrundmusik nicht effektiv ausgeblendet, wenn mit verringerter Lautstärke Musik gehört wird. Ein lauteres Gespräch am Nebentisch konnte ich aufs Wort mitverfolgen, obwohl ich adaptives ANC ausgeschaltet und manuell die höchste Noise-Cancelling-Stufe ausgewählt hatte. Da greift das ANC mancher Konkurrenzmodelle etwas beherzter durch.

Dafür kommt die Geräuschunterdrückung manch anderer Modelle bei plötzlichen Veränderungen der Umgebungsgeräusche ins Straucheln, beispielsweise wenn der Bus ein Schlagloch überquert, das von der Geräuschunterdrückung als kurzes, unschönes Wummern übersetzt wird und den Musikgenuss ruiniert. Hier kann der Tour One M2 ein angenehm stabiles ANC-Niveau halten, das die Klangqualität bei wechselhaften Umgebungsfaktoren nur geringfügig beeinträchtigt. Auch sind instrumentale Feinheiten noch klar und deutlich zu hören, selbst wenn um uns herum die Motoren von Bus und Bahn brummen. Mit der Funktion „SilentNow“ lässt sich außerdem die Geräuschunterdrückung allein ohne Musik nutzen, zum Schlafen oder wenn einfach eine Ruhepause nötig ist.

„Smarte“ Funktionen ohne Ende

Ähnlich feinfühlig sind auch die anderen beiden Modi implementiert: Ambient Aware verstärkt relevante Umgebungsgeräusche, ohne dabei den Klang zu sehr durch unnatürliches Windrauschen und dergleichen zu verzerren. TalkThru fährt die Wiedergabelautstärke herunter und erfasst nahe Stimmen für klare Gespräche, per Smart-Talk-Funktion auf Wunsch sogar automatisch.

Wenn der Träger zu sprechen beginnt, wird die Musik leiser und der TalkThru-Modus für eine selbst festgelegte Zeit von 5, 15, oder 20 Sekunden eingeschaltet. Praktisch, wenn man damit rechnet, jeden Moment angesprochen zu werden und nicht jedes Mal die Wiedergabe pausieren oder die Kopfhörer abnehmen möchte. Lästig, wenn bei jedem Räuspern oder gelegentlich sogar bei einem Schluck aus der Wasserflasche ein „Gespräch“ erkannt und die Lautstärke heruntergefahren wird.

Wenn wir unserem Gesprächspartner über den designierten Zeitraum hinaus lauschen, ohne selbst etwas zu sagen, wird die Musik auch mal mitten im Gespräch fortgesetzt – die Stimme unseres Gegenübers wird also nicht berücksichtigt. Auch ein gelegentlich eingeworfenes „Mhm“ des Trägers reicht nicht oft nicht aus, um die Smart Talk-Pause zu verlängern. Für Gespräche, die über ein „Die Fahrscheine bitte“ hinausgehen, sollte der Kopfhörer also lieber abgenommen werden. In Situationen, bei denen die Hände nicht frei sind, kann die Funktion hingegen durchaus praktisch sein.

Bei Anrufen nutzt der Tour One M2 seine zahlreichen Außenmikrofone, um Umgebungsgeräusche effektiv auszublenden. Angerufene konnten uns klar und deutlich verstehen, während Geräusche der nahen Straße garnicht und Stimmen anderer Personen in der Nähe nicht im störenden Maß zu hören waren. Mit der VoiceAware-Funktion kann in der App der Grad des Mithörtons in drei Stufen angepasst werden, sodass wir unsere eigene Stimme bei Anrufen hören können.

Wenn gerade kein menschlicher Gesprächspartner zur Verfügung steht, lässt sich auch ein Plausch mit Amazons Alexa oder dem Google Assistant einlegen, die in den App-Einstellungen eingerichtet werden können.

Klangqualität: Schwache Bässe, starke Anpassungsoptionen

All die smarten Extrafunktionen nützen nicht viel, wenn der Kopfhörer in der Königsdisziplin schwächelt. Der Tour One M2 kann die hohen Erwartungen an den angepriesenen „JBL Pro Sound“ in weiten Teilen erfüllen: Spaß macht vor allem der räumliche Klang und die Klarheit, mit der sich einzelne Instrumente voneinander abheben, auch wenn gerade Stimmen im Höhenbereich noch etwas Potenzial liegenlassen. Dafür werden auch bei niedrigen Lautstärken keine Details vorenthalten.

Bässe könnten ein wenig mehr Druck vertragen. Dumpfe Bässe elektronischer Musik massieren uns zwar wummernd die Schläfen, doch bei donnernden Metal-Songs fehlt dem Tour One M2 einfach etwas Wumms. Bessere Leistung zeigt der Kopfhörer dafür bei ruhigen, akustischen Stücken, insgesamt lässt sich der Klang also als weniger satt, dafür sehr klar beschreiben. Unterstützt werden die Audio-Codecs SBC und AAC, das beste Ergebnis wird mit dem beiliegenden Klinken-Kabel erreicht.

Die beschriebenen klanglichen Schwächen gleicht der Tour One M2 gut durch seine hohe Anpassbarkeit aus: In der App können wir über die Funktion „Personi-Fi“ einen Hörtest durchführen, anhand dessen Ergebnisse uns ein individualisiertes Klangprofil vorgeschlagen wird. Für weniger erfahrene Nutzer könnte diese Option hilfreich sein, das Klangprofil kann durch Fehler beim Hörtest jedoch schnell verfälscht werden. Mir persönlich fiel etwa der ermittelte Vorschlag zu unausgeglichen aus, den meisten Nutzern wird der umfangreiche App-Equalizer ohnehin bessere Dienste erweisen. Hier lassen sich mehrere Voreinstellungen wählen oder ein maßgeschneidertes Profil mit großzügigem Anpassungsspielraum erstellen.

Akkulaufzeit

Die Akkulaufzeit hält den Anforderungen eines Reise-Kopfhörers mehr als Stand: Ein voll aufgeladener Tour One M2 hält mit aktivierter Geräuschunterdrückung knapp 30 Stunden bei mittlerer Lautstärke durch, ohne ANC sollen es laut JBL sogar 50 Stunden sein. Bei unserem Test hielt der Kopfhörer mehrere Bürotage ohne ein Zeichen von Schwäche durch, positiv fällt zudem die kurze Ladezeit auf. In wenigen Minuten ist ausreichend Laufzeit für die nächste Bus- oder Bahnfahrt hergestellt, eine volle Ladung nimmt maximal zwei Stunden in Anspruch.

Fazit

Der JBL Tour One M2 macht vieles richtig, mischt jedoch in einer Preisklasse mit, in der wenig Verständnis für Fehler bleibt. Noise-Cancelling-Funktionen, Tragekomfort, Klang und Akkulaufzeit machen den M2 für sich betrachtet zu einem exzellenten Kopfhörer, doch die Konkurrenz trägt nicht weniger dick auf.

Der Tour One M2 kostet zum Zeitpunkt dieses Tests knapp 265 Euro. Für einen ähnlichen Preis haben Modelle wie der Sennheiser Momentum 4 Wireless etwa längere Akkulaufzeit und besseren Klang mit kräftigen Bässen und hochauflösendem aptX Codec zu bieten. Im direkten Vergleich wirkt das JBL-Modell im Tiefenbereich weniger satt, dafür aber sehr klar und detailreich. Auch das ANC könnte für die Bestnote bei besonders hoher Umgebungslautstärke noch härter durchgreifen, kann aber Feinheiten dennoch gut hervorheben, sodass auch ruhigere Stücke oder Podcasts noch problemlos in lauten Umgebungen genossen werden können.

Schlussendlich handelt es sich um einen hochwertigen Kopfhörer, der viel für sein Geld zu bieten hat. Auch ohne besonders knackige Bässe kann der Sound mit vielen Details punkten und umfangreich angepasst werden, das Gleiche gilt für die adaptive Geräuschunterdrückung und vielfältigen Sonderfunktionen in der App. Die Akkulaufzeit fällt zwar minimal kürzer als bei manchen Konkurrenzmodellen, aber dennoch mehr als lang genug für den wesentlichen Anwendungszweck aus: Lange Reisen. Und hier macht der Tour One M2 eine sehr gute Figur.

Audio
Allround-PC.com Award
07/2023
JBL Tour One M2
Empfehlung

Pro

  • Hervorragender Tragekomfort
  • etliche App-Funktionen
  • sehr klare Anrufqualität
  • adaptive Geräuschunterdrückung
  • detailreicher Klang
  • umfangreicher Equalizer mit individuellem Klangprofil-Finder
  • intuitive Steuerung am Gerät
  • Unterstützung für Alexa und Google Assistant

Contra

  • Bässe könnten satter sein
  • ANC bei sehr lauten Umgebungen zu schwach
  • nur SBC und AAC

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Redakteur Robin im grünen Pulli Robin Cromberg

... studiert Asienwissenschaften und Chinesisch an der Universität Bonn und ist als Redakteur hauptsächlich für die Ressorts der Eingabe- und Audiogeräte bei Allround-PC.com zuständig, schreibt aber auch über Produktneuheiten aus vielen anderen Bereichen.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher, weiblicher und diverser Sprachformen (m/w/d) verzichtet. Alle Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

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