Test: Sennheiser Momentum 4 Wireless

Toller Klang mit vielen Smart-Funktionen

Ein völlig neues, eher schlichtes Design unterscheidet den Premium-Kopfhörer Sennheiser Momentum 4 Wireless von seinen Vorgängern. Doch was die vierte Generation an optischem Wiedererkennungswert einbüßt, gewinnt sie an technischer Ausstattung dazu. Wir erklären im Test, was der Momentum 4 gut macht – und wo Verbesserungsbedarf besteht.

Die Momentum-Serie gehört zum High-End-Sortiment von Sennheiser, wie bereits beim Preis von 349 Euro UVP deutlich wird, die für das neueste Modell abgerufen werden. Der Momentum 4 Wireless hebt sich optisch deutlich von seinen Vorgängern ab: Während sich die Modelle Momentum 2 und Momentum 3 in ihrem Retro-Look noch sehr ähnelten, setzt Sennheiser beim jüngsten Ableger auf ein modernes Design. Dieses weist starke Ähnlichkeit zu den neuen Sony WH-1000XM5 auf, auch wenn diese mit 419 Euro noch einmal ein ganzes Stück teurer sind. Mit der Momentum True Wireless-Serie hat Sennheiser seit einiger Zeit auch kabellose In-Ears inklusive Ladecase im Angebot.

Design & Tragekomfort

Bei knapp 350 Euro fällt der obligatorische erste Blick auf die Material- und Verarbeitungsqualität. Sennheiser verabschiedet sich vom Metallbügel der Vorgänger und setzt beim Momentum 4 auf ein vollständig aus Kunststoff gefertigtes Gehäuse – schade. Dafür ist der Kopfhörer hochwertig verarbeitet und macht mit Stoff- und weichen Kunstleder-Elementen einen minimalistisch-modernen Eindruck.

Beim Vergleich mit früheren Momentum-Modellen fällt vor allem auch der Verzicht auf einen Großteil der Tasten am Gerät auf. Der Momentum 4 verfügt nur über eine einzelne Taste, die eigentliche Steuerung der meisten Funktionen geschieht per Touch auf den Außenseiten der Ohrmuscheln. Doch hierzu später mehr.

Die großen, ohrumschließenden Ohrmuscheln können nicht zusammengefaltet, aber gedreht werden. So verschwindet der Kopfhörer mit seinen ausladenden Abmessungen vielleicht nicht mal eben platzsparend im Rucksack, kann aber immerhin bequem um den Hals getragen werden. Für die sichere Mitnahme gibt es dafür eine recht große Transporttasche, in der auch das mitgelieferte Zubehör verstaut wird. Mit einem USB-C-Ladekabel, einem 1,2 Meter langen 2,5-mm-Klinkenkabel und einem Flugzeugadapter fällt diese Ausstattung recht umfangreich aus und bildet damit ein ordentliches Reiseset.

Beim Abtasten des weichen Kopfbügel-Polsters stoßen wir auf mehrere Sensoren, die zunächst Bedenken hinsichtlich des Tragekomforts wecken. Auf dem Kopf getragen fallen diese jedoch nicht weiter auf, da die Polsterung ausreichend dick, aber nicht zu hart geraten ist. Auch nach mehreren Stunden drückt der Momentum 4 nicht unangenehm, weder auf den Kopf, noch auf die Ohren. Der Bügel kann für eine ideale Gewichtsverteilung stufenlos verstellt werden, insgesamt liegt der Kopfhörer mit seinen 293 Gramm ohnehin nicht allzu schwer auf.

Eigenschaften & Klangqualität

So schlicht der Sennheiser Momentum 4 Wireless optisch auch gestaltet sein mag, unter der Haube werden schwere Geschütze aufgefahren. Allein die Touch-Bedienung, mit der sich nun fast alle Funktionen des Kopfhörers steuern lassen, ist sehr gut geraten. Zwar fallen die rudimentären Erklärungen in der Gebrauchsanweisung etwas dürftig aus, nach kurzem Herumprobieren empfinden wir die Gestensteuerung jedoch als sehr intuitiv.

Auf- und Abwischen reguliert die Lautstärke, seitliches Wischen wechselt zum nächsten oder vorherigen Song. Einmal Tippen pausiert die Wiedergabe, doppeltes Tippen ruft ANC oder den Transparenzmodus auf den Plan. Durch Auseinander- und Zusammenziehen soll eine Überblendung zwischen beiden Modi geschehen, hier hätte allerdings noch ein genauerer Audiohinweis zur Orientierung geholfen. Per Druck auf die Taste wird der Sprachassistent aktiviert, sämtliche Bedienungsoptionen beschränken sich auf die rechte Ohrmuschel.

Einen großen Zugewinn an Nutzerkomfort stellen die Tragesensoren dar: Diese funktionieren überraschend gut, bereits das Abziehen eines einzelnen Ohrhörers pausiert die Wiedergabe. In unserer mehrtägigen Testphase kam es nur selten zu einer Situation, in der die Wiedergabe nicht wie erwartet gestoppt oder fortgesetzt wurde. Einmal ließen sich die Sensoren durch einen Jackenkragen an der Nase herumführen und setzten die Wiedergabe fort. Ein anderes Mal hatten wir den Kopfhörer bei einer Pause länger um den Hals getragen, woraufhin er einmal kurz angehoben werden musste, um sich wieder einzuschalten.

Dabei handelt es sich keineswegs um eine Fehlfunktion, sondern ganz im Gegenteil: Um den Akku zu schonen, schaltet sich der Momentum 4 beim Absetzen nach 15 Minuten automatisch ab. Diese Abschaltfunktion kann alternativ auch nach 30 Minuten, 60 Minuten oder gar nicht aktiviert werden. Die Sensoren am Gerät erkennen, wenn der Kopfhörer wieder angehoben und aufgesetzt wird, woraufhin er sich ohne unser Zutun wieder einschaltet und mit dem Smartphone verbindet.

Auf diese Weise entfallen viele kleine Zwischenschritte, die eigentlich nicht der Rede wert sind, im Alltag auf Dauer aber nerven können. Beim Verlassen des Hauses werden die ausgeschalteten Momentum 4 aufgesammelt, aufgesetzt und sofort läuft der Song, mit dem wir am Abend zuvor heim gekommen sind. Dieser Energiesparmodus wirkt sich offensichtlich auch auf die Akkuleistung aus, denn bei unserem Test konnten wir die angegebene Laufzeit von bis zu 60 Stunden bei aktiviertem ANC problemlos erreichen.

Die aktive und automatisch an die Umgebung anpassbare Geräuschunterdrückung funktioniert so reibungslos, dass wir sie an dieser Stelle beinahe vergessen hätten. Bei günstigeren Alternativen fällt holpriges ANC gerne mal durch unangenehmes Wummern auf, etwa wenn der Bus über ein Schlagloch fährt. Die Sennheiser Momentum 4 dagegen blenden Umgebungsgeräusche effektiv und ohne allzu lästiges Grundrauschen aus. Auch der Transparenzmodus macht einen guten Eindruck und verstärkt Umgebungsgeräusche wie Autos oder Stimmen in unserer Nähe, ohne dabei zu unnatürlich zu klingen.

Mit Stimmen weiß der Momentum 4 auch bei Telefonaten umzugehen: Mehrere Gesprächspartner zeigten sich beeindruckt von der Klarheit, mit der unsere Stimme übertragen wurde. Umgebungsgeräusche werden durch Mikrofone am Kopfhörer bis zu einem gewissen Grad herausgefiltert, verschwinden aber nicht vollständig. Windrauschen oder entfernter Straßenlärm werden beispielsweise gut unterdrückt, Gespräche oder Motorengeräusche in der direkten Umgebung sind dagegen noch in einem erträglichen Ausmaß zu hören.

Toller Klang, widerspenstige App

Der Momentum 4 könnte noch so viele smarte Sonderfunktionen auffahren – ohne die passende Klangqualität wären sie alle nichts wert. Und gelegentliche Aussetzer der Sensoren hin oder her, beim Klang lässt Sennheiser die Muskeln spielen. Per Bluetooth stehen neben AAC auch aptX und aptX Adaptive für eine hochauflösende Wiedergabe zur Verfügung. Genreübergreifend können die 42-mm-Treiber mit ihrem weiten Frequenzgang von 6 Hz bis 22 kHz überzeugen, der Kopfhörer vermittelt ein detailreiches und räumliches Klangerlebnis.

Die Tieftöner tragen keineswegs zu dick auf, vielmehr überrascht der Momentum 4 immer wieder im richtigen Moment mit druckvollen Bässen – sei es beim eindrucksvollen Drop, einsetzenden Drums oder dem epischen Höhepunkt eines orchestralen Filmsoundtracks. Durch die effektive Geräuschunterdrückung lassen sich Filmdialoge und Actionszenen gleichermaßen in Bus, Bahn oder Flugzeug genießen. Gesang und Stimmen kommen äußerst gut zur Geltung, für Podcasts gibt es sogar eine spezielle EQ-Option in der App.

Die App „Sennheiser Smart Connect“ selbst ist dafür noch ausbaufähig. Grundsätzlich bietet sie viele praktische Funktionen, darunter eine genaue Akkustandsanzeige sowie bessere Kontrolle über ANC und Transparenzmodi. Einige der Funktionen, darunter die Soundzonen, bei deren Betreten automatisch bestimmte Einstellungen aktiviert werden, setzen allerdings ein kostenloses Sennheiser-Konto voraus. Der integrierte Equalizer beschränkt sich leider auf drei Frequenzbänder, der Klang des Momentum 4 ist allerdings bereits ohne jegliches Zutun sehr gut.

Wer dennoch Bedarf für Anpassungen hat, sich aber nicht wirklich mit Equalizer-Einstellungen auskennt, wird mit der Soundcheck-Funktion beim Abspielen eines Songs sehr intuitiv durch die Einrichtung eines eigenen Presets geführt. In mehreren Schritten können wir direkt den Klang mehrerer Voreinstellungen auswählen, aus denen sich nach und nach die ideale Mischung ergeben soll.

Während unseres Testvorgangs (in Verbindung mit einem Google Pixel 6) spielte die App jedoch nicht immer ganz mit. Zu oft kam es vor, dass die Kopfhörer nicht erkannt wurden, obwohl wir gerade über dasselbe Smartphone Musik über die offensichtlich verbundenen Kopfhörer abspielten. Da viele Funktionen nur über diese App gesteuert werden können, stören solche Aussetzer im Alltag sehr. Besonders häufig versagte die App den Dienst, wenn die Kopfhörer zuvor per Bluetooth Multipoint mit zwei Geräten gleichzeitig verbunden wurden. Die Funktion selbst funktioniert ansonsten tadellos. Bleibt nur zu hoffen, dass Sennheiser das Problem mit einem Software-Update in den Griff bekommen kann.

Fazit

Optisch mag der Sennheiser Momentum 4 Wireless viel von dem einzigartigen Charakter der Vorgängermodelle eingebüßt haben. Auch der übermäßige Einsatz von Kunststoff kann bei einer UVP von 349 Euro einen bitteren Beigeschmack hinterlassen. Doch technisch erreicht der neue Bluetooth-Kopfhörer ein neues Höchstniveau.

Durch gelungenes ANC, den beiliegenden Flugzeugadapter, lange Akkulaufzeiten und die hervorragende Klangqualität wird der Sennheiser Momentum 4 zu einer ausgezeichneten Wahl für Pendler oder Vielflieger, die auf Reisen gerne Filme oder Serien mit angemessener Soundqualität genießen möchten.

Audio
Allround-PC.com Award
10/2022
Sennheiser Momentum 4 Wireless
Empfehlung

Pro

  • hoher Tragekomfort
  • Sehr gute Klangqualität
  • Bluetooth 5.2 mit Multipoint, aptX und aptX Adaptive
  • lange Akkulaufzeit
  • automatische Trageerkennung
  • effektives ANC und natürlich klingender Transparenzmodus

Contra

  • viele App-Funktionen nur mit Nutzerkonto
  • häufige App-Aussetzer, insbesondere in Verbindung mit Multipoint-Verbindung

Beitrag erstmals veröffentlicht am 07.10.2022

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Redakteur Robin im grünen Pulli Robin Cromberg

... studiert Asienwissenschaften und Chinesisch an der Universität Bonn und ist als Redakteur hauptsächlich für die Ressorts der Eingabe- und Audiogeräte bei Allround-PC.com zuständig, schreibt aber auch über Produktneuheiten aus vielen anderen Bereichen.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher, weiblicher und diverser Sprachformen (m/w/d) verzichtet. Alle Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

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