Logitech G Pro X 60 im Test: Viel Geld für wenig Gaming-Tastatur?

Logitechs erste 60-Prozent-Tastatur
Logitech G Pro X 60 Lightspeed Gaming-Tastatur in Weiß

Logitech stellt mit der G Pro X 60 Lightspeed eine kompakte, kabellos nutzbare Gaming-Tastatur vor, die zunächst wenig in den übersättigten Markt für 60-Prozent-Tastaturen mitzubringen scheint. Wir haben getestet, wie der Nachzügler den steilen Preis dennoch rechtfertigen möchte.

Es war nur eine Frage der Zeit: Recht spät schließt sich Logitech dem aktuellen Trend der 60-Prozent-Tastaturen an, dem bereits viele Konkurrenten, wie zuletzt Asus mit der Falchion RX Low Profile (Test), gefolgt sind. Doch gegenüber den kompakten Konkurrenten bringt Logitech mit der G Pro X 60 auf den ersten Blick auffällig wenig Neues mit.

Late to the Party

Logitech ist sich dieser Situation durchaus bewusst und betont bei der Vorstellung der Tastatur eine besonders enge Zusammenarbeit mit eSport-Profis und dass der G Pro X 60 eine lange Entwicklungszeit vorausgehe. Fast alle Design-Entscheidungen sollen in irgendeiner Weise auf Spieler-Feedback zurückzuführen sein.

Das wichtigste vorab #tl;dr

Logitech G Pro X 60 mit Maus

Logitech G Pro X 60 Lightspeed: Kabellose Mini-Tastatur

Die erste 60-Prozent-Tastatur von Logitech will den kompakten Formfaktor durch umfangreiche Keymapping-Optionen einer breiteren Zielgruppe schmackhaft machen

Design & Verarbeitung

Der Reiz einer 60-Prozent-Tastatur liegt in ihren überaus kompakten Maßen und dem Platz, der auf dem Schreibtisch für wilde Mausmanöver frei wird. Im Gegenzug fallen oft sämtliche Extras und auch Teile der Standard-Ausstattung zum Opfer. Während Tenkeyless-Modelle wie die G Pro X TKL auf den Ziffernblock verzichten, ansonsten aber das eher ausladende Gehäuse einer Fullsize-Tastatur samt separater Medientasten beibehalten, wird das Gehäuse der G Pro X 60 auf das Wesentliche reduziert.

Neben dem Ziffernblock verschwinden auch der Sechserblock, die Pfeiltasten und die Funktionstasten F1-F12. Viele dieser Funktionen sind noch über Tastenkombinationen erreichbar, die Funktionstasten etwa sind als Zweitbelegung der Zahlenreihe und die Pfeiltasten im unteren Teil des Tastenfeldes zu finden. Es lässt sich darüber streiten, ob hier die idealen Positionen gefunden wurden, da beispielsweise die Pfeiltasten etwas versetzt im Tastenfeld liegen. Per Keycontrol-Funktion – dazu später mehr – lassen sich die Tastenfunktionen zwar nach Belieben umverteilen, doch damit anschließend noch die Tastenmarkierungen stimmen, müssen entsprechende Custom-Tastenkappen eingesetzt werden.

Reduziertes Tastenlayout mit seitlicher Lautstärkewalze

Ungewöhnlich dürfte auf viele Nutzer die Position des Lautstärkerads auf der linken Seite wirken, während sich an der üblichen rechten Seite stattdessen ein eigener Schalter für den Game-Mode befindet, mit dem die Windows-Taste (und optional weitere, per Software festgelegte Tasten) gesperrt wird. Aus Gewohnheit würde ich den Lautstärkeregler rechter Hand als etwas intuitiver empfinden, doch Logitech hat die neue Position in Absprache mit Profis für schnelle „pinky flicks“ mit dem kleinen Finger erdacht.

Tatsächlich greift die Hand aus der WASD-Position nach kurzer Eingewöhnung recht schnell zum Lautstärkerad, um in entscheidenden Spielmomenten schnell die Lautstärke zu verändern. Zumal diese Herangehensweise allemal gelungener ist, als die bei kleinen Tastaturen üblichen Shortcuts per FN-Taste. Auch der Game-Mode wird oft nur über eine Tastenkombination aktiviert, während sich Spieler beim umgelegten Schalter sicher sein können, dass der Sperrmodus aktiviert ist.

Regenbogen-Lichtshow optional

Ein eher unscheinbares (pun intended) Detail, mit dem Logitech die besondere Rücksichtnahme auf das Spieler-Feedback signalisieren möchte, ist die statische Beleuchtung ab Werk. Anstelle des üblichen Regenbogens leuchtet uns beim ersten Einschalten eine einheitlich dezent-blau gefärbte Tastenbeleuchtung entgegen. Diese kann natürlich im Nachhinein noch nach Belieben angepasst werden, inklusive Regenbogen-Option.

Im Rahmen der Limitierungen kann sich die Ausstattung und Produktqualität der G Pro X 60 Lightspeed sehen lassen: Die Tasten sind mit hochwertigen PBT-Tastenkappen bestückt und sitzen auf einer Aluminium-Oberplatte, die lichtdurchlässigen Hauptbeschriftungen sind bis auf wenige Ausnahmen per Doubleshot-Verfahren in die Tastenkappe eingelassen. Markierungen für zusätzliche Funktionen wurden seitlich aufgedruckt.

Sonderlich leise tippt es sich nicht auf diesen Tasten, immerhin wird die Leertaste mit zusätzlichen Polsterungen gedämpft. Fans von „thocky“ Tastaturen mit gedämpftem Tastenklang kommen hier nicht unbedingt auf ihre Kosten. Das Gehäuse besteht, bis auf die Alu-Oberplatte, vollständig aus Kunststoff, macht aber dennoch einen recht hochwertigen Eindruck.

An der Unterseite sitzen mehrere Gummi-Rutschfüße und auch die ausklappbaren Standfüße sind gummiert. In einem Staufach kann der Wireless-Empfänger für den Transport oder Lagevorgang gelagert werden. Für Ladekabel sowie eine Dongle-Verlängerung gibt es ein eigenes Fach in der mitgelieferten Hartschalen-Transporthülle.

Funktionsumfang

Neben dem 60-Prozent-Formfaktor greift Logitech mit der G Pro X 60 Lightspeed noch einen weiteren Trend auf: Multi-Konnektivität per Kabel, Bluetooth und 2,4-GHz-Empfänger. Letzterer verwendet Logitech Lightspeed-Technologie für eine stabile und zuverlässige, kabellose Verbindung. Über einen Dongle können zwei Geräte, also Tastatur und Maus, gleichzeitig verbunden werden.

Die kabellose Laufzeit soll bei bis zu 65 Stunden liegen, mit der Energiesparoption, bei der die LEDs nach kurzer Inaktivität ausgeschaltet werden, scheint dieser Wert problemlos erreichbar. Der Akku soll theoretisch austauschbar sein, hierbei handelt es sich allerdings eher um eine Option für professionelle Reparaturen als den händischen Akkuwechsel vom Nutzer.

Logitech GX Optical Schalter in Logitech G Pro X 60

Unter den PBT-Tastenkappen sitzen hauseigene GX Optical Schalter, die als taktile und lineare Varianten erhältlich sind. Anders als bei mechanischen Schaltern wird hier ein Signal beim Unterbrechen eines Lichtstrahls gesendet, was gegenüber den mechanischen Kontakten den Vorteil schnellerer Tastenanschläge ohne Entprell-Verzögerung sowie einer längeren Lebensdauer hat – Infos zur genauen Lebensdauer, geschweige denn sonstige technische Daten der GX Optical Schalter sind bisher nicht verfügbar. Auch mit den optischen Schaltern erfindet Logitech allerdingst das Rad nicht neu. Konkurrenzmodelle wie die (kabelgebundene) Wooting 60HE+ sind beispielsweise bereits mit analogen Hall-Effekt-Schaltern ausgestattet, die den Tastenanschlag ungeachtet eines Rücksetzpunktes sofort neu registrieren.

Linear oder taktil: Neue optische GX Schalter von Logitech

Nichtsdestotrotz machen die Schalter in der Praxis einen soliden Eindruck. In unserem Testmodell waren die taktilen Varianten verbaut, deren Auslösepunkt nur einen dezenten Widerstand aufweist. Beim Schreiben bevorzuge ich diese Art von leichtem, haptischem Feedback, im Spiel lösen die Tasten aber noch angenehm flott aus.

Laut Logitech können diese optischen Schalter zwar in der Theorie ausgetauscht werden, diese Option wird aber eher mit den OC-Möglichkeiten von Desktop-CPUs verglichen: Möglich, aber die Verantwortung liegt beim Nutzer. Auch müssten die Schalter im Falle eines Tausches durch ähnliche, optische Modelle ersetzt werden. Diese DYI-Option bestünde vermutlich bei den meisten Tastaturen mit fest verbauten Schaltern, die Bemerkung klingt eher nach Ausflüchten, warum Logitech keine Hot-Swap-Option bietet. Die Tastenkappen dagegen sind im Standard-Layout gehalten und können beliebig ersetzt werden. Logitech selbst bietet optionale Keycap-Sets in Schwarz, Weiß und Pink an.

G-Hub und Keycontrol: But wait, there’s more

Die Logitech G Hub Software ist ein alter Bekannter und zeichnet sich durch ein aufgeräumtes Design aus, allzu detaillierte Erklärungen kann der Nutzer aber nicht erwarten. In der Geräteübersicht ist der genaue Akkustand samt verbleibender Laufzeit einsehbar, zusätzlich lassen sich die Tastenbeleuchtung, gesperrte Tasten im Game-Mode sowie die Tastenzuweisungen anpassen. Änderungen können auf drei Onboard-Profilen gespeichert werden.

Im Menüpunkt „Zuweisungen“ soll sich das große Highlight-Feature der G Pro X 60 Lightspeed verstecken: Dieses hört auf die Bezeichnung Keycontrol und ermöglicht eine umfangreiche Neuzuordnung und Mehrfachbelegung der Tasten, womit der größte Nachteil einer 60-Prozent-Tastatur, die begrenzte Tastenzahl, ausgeglichen werden soll.

Über Keymapping-Ebenen und die bekannte G-Shift-Funktion, bei der eine selbst festgelegte G-Shift-Taste die gesamte Tastenbelegung umschaltet, sollen so bis zu 15 Funktionen pro Taste möglich sein. Durch Modifikatoren wie Alt, Strg und Umschalt sowie Halten, Drücken oder Loslassen kann eine einzelne Taste mit wenigen Handgriffen viele verschiedene Funktionen im Spiel abdecken. Wer sich wie ich schon an der Umgewöhnung schwertut, die Pfeiltasten per FNDie erste 60-Prozent-Tastatur von Logitech will den kompakten Formfaktor durch umfangreiche Keymapping-Optionen einer breiteren Zielgruppe schmackhaft machen-Kombination zu erreichen, muss sich auf eine steile Lernkurve einstellen. Von Logitech oder der Community erstellte Presets können zur Inspiration dienen.

Auch die Keymapping-Optionen von Keycontrol sind – und ja, ich wiederhole mich – keine Weltneuheit. Was Custom Keyboards und inzwischen auch manche Mainstream-Tastaturen wie die SGK50 S3 von Sharkoon durch Open-Source-Firmwares wie QMK oder VIA schon lange bieten, wird bei Logitech vor allem durch die auf kompatible Logitech-Produkte beschränkte G-Shift-Funktion interessant. Wer eine G-Shift-Kompatible Maus besitzt, kann die entsprechende Tastaturen-Ebene auch beispielsweise durch Halten einer der Seitentasten aktivieren.

Fazit

Die Logitech G Pro X 60 Lightspeed bietet ein Gesamtpaket aus einigen interessanten Eigenschaften, die jedoch jeweils allein betrachtet seit mehreren Jahren kein großes Aufsehen erregen. Das Ergebnis richtet sich an eingefleischte Fans von 60-Prozent-Tastaturen, denen die Tastenfunktionen ihres Lieblingsformats nicht ausreichen und die zudem viel Wert auf kabellose Funktionalität legen. Hieraus ergibt sich eine eher nischige Zielgruppe, denn der steile Preis von 200 Euro UVP dürfte auf den Durchschnittsnutzer eher abschreckend wirken.

Wenn der Preis in den nächsten Monaten ein wenig fällt, bietet Logitech mit der G Pro X 60 Lightspeed zwar eine sehr kompakte Lösung, deren Platzersparnis nicht zwingend mit einem Funktionsverlust einhergeht. Wer auf die kabellose Funktion – die im Falle einer Tastatur eher neue Einschränkungen bringt, als sie aufzuheben – verzichten kann, erhält für dasselbe Geld jedoch schon die Wooting 60HE+ mit analogen Hall-Effekt-Schaltern oder für mehr als die Hälfte des Preises die schlichte Sharkoon Skiller SGK50 S3 mit ähnlichen Keymapping-Möglichkeiten.

Unterm Strich wäre die Logitech G Pro X 60 für weniger Geld eine mehr als solide Gaming-Tastatur mit ansprechender Optik, kabelloser Freiheit, akzeptabler Akkulaufzeit und umfangreichen Anpassungsmöglichkeiten. Bei einer UVP von 200 Euro muss sich die Mini-Tastatur jedoch an deutlich höheren Ansprüchen messen lassen und kann hier bestenfalls ein befriedigendes Urteil erzielen.

Pro

  • Umfangreiche Anpassungsmöglichkeiten durch Keycontrol-Keymapping
  • Drei Verbindungsmodi
  • Maus und Tastatur über einen Empfänger nutzbar
  • Langlebige PBT-Kappen im austauschbaren Standard-Layout
  • Staufach für Dongle und Transporthülle

Contra

  • Preis
  • wenig spannende Neuerungen

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Redakteur Robin im grünen Pulli Robin Cromberg

... studiert Asienwissenschaften und Chinesisch an der Universität Bonn und ist als Redakteur hauptsächlich für die Ressorts der Eingabe- und Audiogeräte bei Allround-PC.com zuständig, schreibt aber auch über Produktneuheiten aus vielen anderen Bereichen.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher, weiblicher und diverser Sprachformen (m/w/d) verzichtet. Alle Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

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