Test: Xiaomi Mi 9

Günstiges Top-Smartphone mit dem schnellsten Android-Prozessor
Xiaomi Mi 9 Beitragsbild

Das Xiaomi Mi 9 ist mit einem einem pfeilschnellen Snapdragon 855, sowie modernen Features ausgestattet – und das zu einem Preis, der aufhorchen lässt. In unserem Test verraten wir euch, ob das Mi 9 mit Flaggschiffen von Samsung und Co. mithalten kann und was sich im Vergleich zum Vorgänger geändert hat.

Übersicht

Smartphones des chinesischen Herstellers Xiaomi können schon lange durch schwer zu schlagende Preis-Leistungs-Verhältnisse punkten, wurden jedoch ebenso lange Zeit hierzulande nicht direkt im Handel angeboten. Die letzte Flaggschiff-Generation, das Xiaomi Mi 8, war beispielsweise nur über Umwege erhältlich, wobei eine zusätzliche Einfuhrumsatzsteuer den Spitzenpreis zunichte machen konnte.

Solche Zustände gehören nun offensichtlich der Vergangenheit an, denn das neue Topmodell Xiaomi Mi 9 ist ohne Aufpreis bei deutschen Onlinehändlern wie zum Beispiel Alternate oder auch dem stationären Einzelhandel erhältlich.

Lieferumfang

Design & Verarbeitung

Optisch hat sich die Mi-Reihe deutlich weiterentwickelt: Der im Smartphone-Jargon als „Kinn“ bezeichnete untere Bildschirmrand ist deutlich zusammengeschrumpft und zeigt nun kaum mehr schwarze Fläche als die anderen drei Displayränder. Komplizierter gestaltet sich dagegen die Trickserei mit dem oberen Rand. Ob „Punchhole“ à la Samsung oder wie hier eine sogenannte „Waterdrop-Notch“, die eleganteste Lösung zum Verstecken der Kamera-Aussparung in den schwindenden Displayrändern moderner Smartphones scheint noch niemandem eingefallen zu sein.

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Im Vergleich zum Vorgänger (rechts) wird das Display deutlich weniger eingeengt

Welchen Ansatz man nun auch bevorzugen mag, so muss man Xiaomi doch zugestehen, dass ihnen mit dem Mi 9 erneut ein sehr hübsches Smartphone gelungen ist. Der große 19:9 Bildschirm überzeugt durch ein kristallklares AMOLED-Display, Full HD+ Auflösung (2.340 x 1.080 Pixel) und eine besonders schöne Farbdarstellung. Dass hier ein OLED-Display von Samsung zum Einsatz kommt, darf ruhig als Qualitätssiegel gewertet werden: Zwar liegt es mit einer Helligkeit von durchschnittlich 357 cd/m² im Standardbereich, ist aber  dafür sehr Blickwinkelstabil und gibt Farben und Kontraste sehr gut wieder.

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Das AMOLED-Display stammt von Samsung und überzeugt mit einer sehr guten Bilddarstellung.

Auch auf der Rückseite hat sich seit der letzten Mi-Generation einiges getan. Der kreisrunde Fingerabdrucksensor ist verschwunden, das Xiaomi Mi 9 lässt sich nun – wie beispielsweise auch beim Samsung Galaxy S10 und Huawei Mate 20 Pro – über einen Sensor unter dem Display entsperren. Die vertikale Kameraanordnung bleibt erhalten, wird allerdings um eine weitere Linse erweitert – mehr dazu im zugehörigen Testabschnitt. Designfetischisten werden sich womöglich an den Ausmaßen der Kameralinsen reiben, denn das gesamte Modul steht auffällig weit aus dem Gehäuse hervor.

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Das Mi 8 (links) besitzt lediglich eine Dual-Kamera, wohingegen es beim neuen Modell gleich drei Linsen sind.

Rücklings auf dem Tisch platziert, liegt das Mi 9 seltsam schräg auf der Kamera. Wirklich tragisch ist diese markante Erscheinung allerdings nicht, denn das Kameracover ist aus Saphirglas gefertigt. Dieses kommt oft bei Uhrgläsern zum Einsatz und zeichnet sich durch besondere Kratzbeständigkeit aus. In Sachen Beständigkeit hätten wir uns zudem zusätzlichen Schutz gegen Staub oder Wasser gewünscht, Besitzer des Mi 9 sollten im Freien oder am Waschbecken besonders Acht auf ihr Gerät geben.

High-End Smartphone zum Top-Preis – nur wenige Funktionen bleiben auf der Strecke

Das Xiaomi Mi 9 kommt mit einfachem Mono-Lautsprecher daher, was für Musikliebhaber, die ohnehin Kopfhörer anschließen, nicht weiter tragisch wäre. Leider verzichtet Xiaomi allerdings auch auf einen 3,5-mm-Klinkenanschluss. Selbige Musikliebhaber müssen also gezwungenermaßen auf den beiliegenden USB Typ-C-zu-Klinke Adapter oder einen Bluetooth-Kopfhörer ausweichen. Auch ein SD-Kartenslot fehlt, wir müssen uns also bei der Bestellung gut überlegen, wieviel Speicherplatz  benötigt wird.

Auch die neunte Mi-Smartphone-Generation ist wieder in verschiedenen Farben erhältlich. Bei „Ocean Blue“ und „Lavender Violet“ handelt es sich um schimmernde Varianten, deren Laser-Finish bei Lichteinfall einen Perleffekt erzeugen. Wer es lieber schlicht mag, greift zur klassisch schwarzen Option. Außerdem existiert noch eine „Transparent Edition“, die allerdings nicht die Komponenten freilegt, sondern diesen Eindruck mittels einer zusätzlichen Abdeckung erzeugt.

Technik & Features

Das Hauptfeature des Xiaomi Mi 9 ist sicherlich der verbaute Snapdragon 855 Octacore Prozessor mit bis zu 2,84 Gigahertz. Dass sich dieser Chip als sehr leistungsstark herausstellt, versteht sich von selbst, handelt es sich doch um den aktuell schnellsten für Android-Geräte erhältlichen Prozessor. Im Alltagsbetrieb sind Performance-Unterschiede zwischen den meisten Flaggschiff-Geräten kaum noch auszumachen, doch der Snapdragon 855 macht sich insbesondere bei leistungshungrigen Anwendungen und Mobile Games bemerkbar. Beim Spieletest mit „Crowd City“ beispielsweise schaffte es das Mi 9 mühelos, über 900 Spielfiguren flüssig und ohne größere Ruckler darzustellen.

ModellXiaomi Mi 9
3DMarkSling Shot Extreme OpenGL ES 3.1: 5526
Sling Shot Vulkan: 4812
AnTuTu372207
Geekbench 4Single Core: 3467
Multi Core: 11065
HelligkeitØ357 cd/m²

Zum pfeilschnellen CPU gesellen sich 6 Gigabyte Arbeitsspeicher und wahlweise 64 oder 128 GB nicht erweiterbarer interner Speicher. Trotz mächtiger Hardware hält der 3.330-mAh-Akku das Gerät lange bei Atem, auch nach mehreren Stunden rechenaufwendiger Benchmark-, Spiele- und Kameratests hielt sich das Mi 9 noch wacker über der 50-Prozent-Marke. Und damit kommen wir schon zum wohl zweitgrößten Pluspunkt des neuen Xiaomi-Flaggschiffs: Es unterstützt kabelgebundenes Laden mit bis zu 27 Watt und das Qualcomm QuickCharge 4.0 Protokoll, zudem kann es auch kabellos mit bis zu 20 Watt (!) aufgeladen werden.

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Das Smartphone lässt sich in rund einer Stunde wieder komplett aufladen.

Im Lieferumfang ist leider „nur“ ein Ladeadapter mit QuickCharge 3.0 enthalten, der das Smartphone allerdings ebenfalls sehr schnell auflädt. Schade zudem: Obwohl Xiaomi selbst 20W-fähige Wireless-Charger anbietet, haben sie ihrem aktuellen Topmodell kein solches Gerät mit auf den Weg gegeben. Das Xiaomi Mi Mix 3 hatte ein eigenes Wireless-Ladepad im Lieferumfang enthalten.

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Im Gegensatz zu Mi Mix 3 ist die Selfie-Kamera weiterhin Bestandteil des Bildschirms.

Ein weiteres Highlight ist der Fingerabdrucksensor, der nun unauffällig unter dem Display integriert wurde und das Gerät schnell und elegant entsperrt. Nach längerem Gebrauch fällt allerdings auf, dass der Fingerabdruckleser nicht ganz so präzise arbeitet, wie wir es von den klassischen Scannern kennen. Gerade bei leicht nassen Fingern müssen wir mehrmals neu auflegen, zudem sollte beim anbringen einer zusätzlichen Schutzfolie beachtet werden, dass diese den Fingerabdruckleser nicht unbrauchbar macht.

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Das Mi 9 kann kabellos mit bis zu 20 Watt geladen werden – ein passendes Ladepad liegt leider nicht bei.

Eine weitere Entsperrmöglichkeit bietet sich in der Face Unlock Funktion. Diese klappt hervorragend – sofern die Region in den Einstellungen zunächst geändert wurde, denn die Gesichtserkennung ist unter den Sicherheitseinstellungen in der deutschen Version gar nicht erst auswählbar. Zum Benutzerkomfort trägt auch die Taste für den Google-Assistenten auf der linken Seite bei. Dieser lässt sich auf Wunsch für andere Funktionen verwenden, bei unserem Test starten wir durch langes Drücken beispielsweise die Kamera-App. An der Oberseite des Mi 9 befindet sich außerdem ein Infrarot-Sender, mit dem sich ein TV-Gerät steuern lässt.

Kamera

Xiaomi zieht im Rennen um die meisten Kameralinsen an einem Smartphone mit und spendiert seinem neuesten Topmodell eine Triple-Kamera. Da wäre zunächst die Hauptlinse mit 48 Megapixel, einem Sony IMX586 Sensor und der Blende F/1,75. Hinzu kommt eine 12 MP Telephoto Linse, mit der Makro-Aufnahmen durch eine längere Brennweite auf Kosten des Bildwinkels geschossen werden. Den Abschluss bildet eine 16 MP Ultraweitwinkel-Optik für besonders große Motive. Die letzte Mi-Generation bot dagegen lediglich zwei 12-MP-Kameralinsen, eine davon mit zweifachem optischen Zoom.

Xiaomi-Mi9-10Drei Kameralinsen bieten sehr umfangreiche Möglichkeiten beim Knipsen

Die Hauptkamera kann mit ihrer hohen Auflösung besonders ansehnliche Ergebnisse vorweisen, die sich durch kräftige Farben und sehr hohe Detailfülle auszeichnen. Beim Kameratest der DxOMark-Experten erreichte das Mi 9 eine außerordentlich hohe Punktzahl von 107 und liegt damit nur knapp hinter dem Huawei Mate 20 Pro mit 109 Punkten. Die hohe Punktzahl können wir nur unterschreiben: Die Belichtung war in allen Testszenarien sehr gut und der automatische Weißabgleich brachte stets eine realistische Farbtemperatur hervor. Leichtes Bildrauschen und Detailverlust waren erst bei schlechten Lichtverhältnissen zu beobachten, bei Aufnahmen der Tele- und Ultraweit-Linsen traten diese Effekte ein wenig stärker auf. Die Hauptkamera des Xiaomi Mi 9 konnte jedoch selbst bei fortgeschrittener Dämmerung überraschend viele Details mit akzeptabler Belichtung und moderatem Bildrauschen einfangen.

Erschwert wurde bei schlechten Lichtverhältnissen dagegen die Stabilisierung des Bildes. Denn – anders als noch beim Vorgänger Mi 8 – besitzt die Kamera des Xiaomi Mi 9 keinen optischen Bildstabilisator. Bei Tageslicht ist dies nicht weiter tragisch und den Ergebnissen in den meisten Fällen nicht anzusehen, bei fortgeschrittener Dämmerung benötigten wir allerdings mehrere Anläufe zum Ablichten der unten gezeigten Blume. Schlussendlich zeigt das finale Bild jedoch nach wie vor viele Details, und stellt das Motiv besser dar, als es selbst mit dem bloßen Auge noch zu erkennen war. Bei Nacht sollte dagegen ein Stativ verwendet werden, hier können selbst die ruhigsten Hände kaum noch stabile Aufnahmen erzielen.

Die Frontkamera knipst mit 20 MP hochauflösende Selfies und bietet einen Portraitmodus mit verschiedenen vorgefertigten Filtern. Sehr gute Ergebnisse liefert der Videomodus, der das Bild nicht nur stabilisiert, sondern bewegte Objekte sogar verfolgen kann. Videos sind in 30 bis 60 Bildern pro Sekunde und bis zu 4K-Auflösung möglich, Zeitlupenaufnahmen mit 120, 240 oder 960 Bildern pro Sekunde erlauben eine maximale Auflösung von 1080p. Die Zeitlupenaufnahmen können sich sehen lassen, allzu präzise konnten wir kurze Momente wegen einer Vorlaufzeit jedoch nicht einfangen.

Beispielaufnahmen mit dem Xiaomi Mi 9


Im Vergleich mit dem Xiaomi Mi 8 tut sich das Mi 9 vor allem durch einen erhöhten Detailgrad von Haupt- und Telephoto- Linse hervor, sowie aufgrund der zusätzlichen Weitwinkelkamera. Hinsichtlich der Farbdarstellung und Beleuchtung hat sich nur wenig verbessert, was allerdings auch nicht weiter nötig war. Auffällig ist nur, dass dem Mi 9 gegenüber dem Vorgänger ein Bildstabilisator fehlt.

Software

Das Xiaomi Mi 9 läuft unter der neuesten Version Android 9 und verwendet die eigene MIUI 10.2. Auch die neueste Version von Xiaomis Benutzeroberfläche macht einen schicken Eindruck mit angenehm gestalteten Symbolen und praktischen Funktionen wie den Schiebereglern für Helligkeit und Lautstärke. Besonderheiten der MIUI 10.2 umfassen beispielsweise einen stromsparenden Dark Mode sowie das Dualapps-Feature, mit dem sich etwa private und geschäftliche Social Media Accounts trennen lassen.

Da das Xiaomi Mi 9 nun nicht mehr über Umwege aus China importiert werden muss, sind auch Google Apps auf Geräten für den hiesigen Markt vorinstalliert. Vorbei sind die Tage, an denen der Google Play Store zunächst manuell per .apk-Datei installiert werden musste.

Fazit

Das Xiaomi Mi 9 bietet für knapp 450 Euro ein außerordentlich gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Das größte Highlight ist der Snapdragon 855, ein absolutes High-End-Feature, das alleine ausreicht, um das Mi 9 zum Vergleich mit aktuellen Top-Smartphones von Samsung und Co. heranzuziehen. Auch weitere Top-Features wie die fortgeschrittenen Ladetechnologien sind keineswegs selbstverständlich für dieses Preissegment und werfen die Frage auf, warum wir uns als Konsumenten die Preispolitik von Huawei, Samsung und Apple überhaupt gefallen lassen.

Doch ein gedrückter Preis kommt wohl nicht völlig ohne Nebenwirkungen: Der Verzicht auf SD-Einschub, Klinkenanschluss und Stereolautsprecher ist zwar schade, aber zu verkraften. Wegen fehlender Bildstabilisierung kommt die Kamera des Xiaomi Mi 9 bei schlechten Lichtverhältnissen und im Nachtmodus nicht an die Ergebnisse von beispielsweise einem Huawei Mate 20 Pro heran. Dennoch lassen sich die Ergebnisse bei Dämmerlicht noch durchaus sehen, bei Tageslicht punktet das Mi 9 mit knackigen, gut belichteten und detailreichen Aufnahmen. Auch die Tele- und Weitwinkel-Linsen halten bei abnehmenden Lichtverhältnissen noch lange durch, ehe ein zu starkes Bildrauschen auftritt.

Wer sich aktuell auf die Suche nach einem neuen Top-Smartphone begibt, wird angesichts der immer teurer werdenden Topgeräte, die gegenüber dem Vorgänger nur unwesentliche Verbesserungen bieten, vermutlich ernüchtert bei seinem Vorjahresmodell bleiben. Xiaomi beweist mit dem Mi 9, dass der Einstieg in die Smartphone-Technik von 2019 auch zu einem wesentlich gnädigeren Preis möglich ist.

Xiaomi Mi 9

Pro

  • tolles Preis-Leistungs-Verhältnis
  • scharfes AMOLED-Display mit knackigen Farben
  • superschneller Snapdragon 855
  • 20W Wireless Charging und QuickCharge 4.0
  • Vielseitige und leistungsstarke Triple-Kamera

Contra

  • kein SD-Kartenslot
  • kein Klinkenanschluss
  • keine Stereolautsprecher
  • keine optische Bildstabilisierung für Fotos

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Redakteur Robin im grünen Pulli Robin Cromberg

... studiert Asienwissenschaften und Chinesisch an der Universität Bonn und ist als Redakteur hauptsächlich für die Ressorts der Eingabe- und Audiogeräte bei Allround-PC.com zuständig, schreibt aber auch über Produktneuheiten aus vielen anderen Bereichen.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher, weiblicher und diverser Sprachformen (m/w/d) verzichtet. Alle Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

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