Snapdragon 888 im Detail: Das kann Qualcomms neuer Premium-Chip

"Glücks-SoC" mit 5-nm-Technik und 5G
Der Qualcomm Snapdragon 888 ist der Nachfolger des Snapdragon 865 und wird 2021 in vielen High-End-Smartphones zum Einsatz kommen. Der Hersteller machte nun alle Spezifikationen und Neuerungen des Premium-Chips offiziell. Wir zeigen euch, was der Mobilprozessor zu bieten hat.

Qualcomm weicht von der gewohnten Namensgebung des Top-Prozessors ab und tauft das neue Modell mit der internen Bezeichnung SM8350 (Codename: Lahaina) nicht Snapdragon 875, sondern Snapdragon 888. Die Zahl Acht kennzeichnet Qualcomms Premium-Serie und gilt gleichzeitig in Asien als Glückszahl. Das chinesische Zeichen für Acht ist nämlich eine Abkürzung für “reich werden”. Ob das eine Andeutung des von Qualcomm erwarteten Erfolgs oder eine indirekte Verdeutlichung der wachsenden Größe chinesischer Smartphone-Hersteller sein soll, sei dahingestellt.

Die erste CPU mit Cortex X1

Das neue System-on-a-Chip (SoC) weist Verbesserungen an allen Fronten auf, doch beginnen wir zuerst mit der CPU, die Qualcomm Kryo 680 nennt. Die Fertigung des Chips erfolgt im Fünf-Nanometer-Verfahren, während beim Vorgänger noch das Sieben-Nanometer-Verfahren zum Einsatz kommt. Durch die geringere Strukturgröße und eine neue Prozessorarchitektur sollen die CPU-Leistung und Effizienz um jeweils 25 Prozent besser ausfallen. Qualcomm setzt weiterhin auf drei Cluster mit insgesamt acht Rechenkernen. Im energiesparenden (Silver-)Cluster für einfache Aufgaben befinden sich erneut vier Cortex-A55-Kerne, die mit bis zu 1,8 Gigahertz takten.

Das stärkere (Gold-)Cluster für anspruchsvollere Berechnungen besteht aus drei Cortex-A78-Kernen mit bis zu 2,4 Gigahertz und im Prime-Cluster ist ein Cortex-X1-Kern mit einer Taktrate von maximal 2,84 Gigahertz vorhanden. Letzterer ist eine leistungsfähigere Version des Cortex A78 und selbst die regulären A78-Kerne im Gold-Cluster stellen schon eine Verbesserung gegenüber den A77-Kernen im Snapdragon 865 dar.

Mehr GPU-Leistung für Gaming

Des Weiteren integriert Qualcomm mit der Adreno 660 eine neue Grafikeinheit, die 35 Prozent schneller und 20 Prozent effizienter als die letzte Generation sein soll. In diesem Zusammenhang fokussiert sich der Hersteller auch wieder auf Snapdragon-Elite-Gaming-Features, die zuletzt etwa aus 144-FPS-Unterstützung, aktualisierbaren GPU-Treibern und 10-Bit-HDR-Darstellung bestanden. Beim Snapdragon 888 kommen neue Gaming-Features wie “Qualcomm Game Quick Touch” und “Variable Rate Shading” dazu. Ersteres soll bei allen Spielen die Touch-Reaktionszeiten um zehn bis 20 Prozent, abhängig von der Bildrate, verringern.

VRS hingegen ist ein Rendering-Verfahren, bei dem die Grafikeinheit die Shading-Leistung in bestimmten Bildbereichen variieren kann, um mehr Leistung bei einem komplexen Bereich aufzuwenden und simplere Bereiche weniger detailreich zu berechnen. Es verbessert kurz gesagt die Performance, ohne sichtbare Qualitätseinbußen. Das noch recht junge Verfahren kommt bislang nur bei Computern zum Einsatz, erscheint 2021 aber durch Qualcomms Implementierung auch auf Smartphones.

Kraftpaket in puncto KI und Kameras

Einen deutlichen Fortschritt verspricht Qualcomm auch hinsichtlich AI (Deutsch: KI = künstliche Intelligenz). Der dafür vorgesehene Hexagon-780-Prozessor setzt auf die sechste Generation der Qualcomm-eigenen AI-Engine und schafft 26 TOPS (“tera operations per second”) – beim Snapdragon 865 sind es hingegen 15 TOPS. Ein dedizierter “Sensing Hub” kümmert sich um die Erkennung von Dingen wie beispielsweise Audio-Events (Sprachbefehlen) und das Anheben des Smartphones, was die Belastung des Hexagon-Prozessors um 80 Prozent gegenüber dem letzten “Sensing Hub” verringern soll. Die AI-Leistung pro Watt fällt laut Herstellerangaben dreimal höher als zuvor aus.

Als Highlight des neuen Premium-Chips hebt Qualcomm außerdem den Bildsignalprozessor (ISP) Spectra 580 hervor. Da der Spectra 580 parallel drei verschiedene Prozesse ausführen kann, ist auch von einem Triple-ISP die Rede. Somit ist das entsprechende Smartphone in der Lage, mit drei verschiedenen Kameras gleichzeitig 28-Megapixel-Fotos zu knipsen oder alternativ drei unterschiedliche 4K-HDR-Videos aufzunehmen. Der maximale Durchsatz beträgt 2,7 Gigapixel pro Sekunde, rund 120 Fotos mit zwölf Megapixeln pro Sekunde. Gegenüber dem Vorgängerchip sei dies eine Verbesserung um 35 Prozent. Die Hexagon-Einheit soll durch KI beim Autofokus, dem Weißabgleich und der Belichtung unterstützen. Kamerawechsel und digitales Zoomen sind laut Qualcomm dank des Snapdragon 888 wesentlich flüssiger.

5G-Modem direkt integriert

In puncto Konnektivität hat sich ebenfalls etwas getan, denn Qualcomm integriert das Modem wieder direkt auf dem Chip, wohingegen es beim Snapdragon 865 ausgelagert wurde. Es handelt sich beim Snapdragon 888 um das ebenfalls im Fünf-Nanometer-Verfahren gefertigte X60-Modem. Dies schafft bis zu 7,5 Gigabit pro Sekunde im Downstream und bis zu drei Gigabit pro Sekunde im Upstream. Es deckt 5G-Frequenzen im mmWave- und Sub-6-Gigahertz-Bereich ab, beherrscht den Standalone- und Non-Standalone-Modus, Dynamic Spectrum Sharing und mehr.

Zusätzlich verbaut der Chiphersteller die erstmals beim Snapdragon 865+ verwendete FastConnect-6900-Einheit für WLAN und Bluetooth. Unterstützung für Wi-Fi 6E und Bluetooth 5.2 ist somit gegeben. Zudem sind bis zu 16 Gigabyte LPDDR5-Arbeitsspeicher möglich und Quick Charge 5 sowie QHD-Displays mit 144 Hertz unterstützt der Chip ebenso.


Erste Smartphones mit dem SoC erscheinen voraussichtlich im ersten Quartal 2021. Oppo, Realme und Xiaomi sollen zu den ersten Herstellern gehören, die Smartphones mit dem Snapdragon 888 veröffentlichen. Des Weiteren bestätigten noch Asus, Black Shark, LG, Meizu, Motorola, Nubia, OnePlus, Sharp, Sony, Vivo und ZTE die Verwendung des Chips im kommenden Jahr.

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Quellen:
Foto von Tim Metzger Tim Metzger

… schreibt seit 2020 für Allround-PC zu Technik aller Art und hat schon in jedem Ressort Artikel verfasst. Abseits des Redakteur-Jobs studiert Tim Technikjournalismus an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher, weiblicher und diverser Sprachformen (m/w/d) verzichtet. Alle Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

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