Honor 50 im Test: Das unterschätzteste Smartphone des Jahres?

Warum es einen Blick wert ist...

Das Honor 50 ging bei seiner Präsentation im Herbst irgendwie ein bisschen unter, doch hat das Smartphone nicht auch Aufmerksamkeit verdient? Wir haben das attraktiv bepreiste Modell der oberen Mittelklasse für euch getestet.

Mit dem Honor 50 hat die ehemalige Huawei-Marke einen neuen Versuch gestartet, wieder im Markt der Android-Smartphones Fuß zu fassen. Wie der damalige Mutterkonzern war auch Honor aufgrund der US-Sanktionen dazu gezwungen, auf Google-Dienste und damit auf das reichhaltige App-Angebot des Play Stores zu verzichten – was bei einem Smartphone schließlich eine übergeordnete Rolle spielt. Das Honor 50 hingegen kann wieder auf die ganze Welt der Google-Services zugreifen. Aktuell ist das Smartphone für 379 Euro im Angebot, beispielsweise bei MediaMarkt oder Saturn.

Design und Haptik

Das Honor 50 ist mit einem großen 6,57-Zoll-Bildschirm ausgestattet und damit sogar ein Stück kleiner als das Honor 50 Pro mit 6,72 Zoll, welches hierzulande allerdings nicht erhältlich ist. Der Curved-Bauweise sowie den dünnen Bildschirmrändern oben und unten ist jedoch zu verdanken, dass es noch immer als handlich zu bezeichnen ist. Nicht nur die Positionierung von Powerbutton und Lautstärkewippe an der rechten Seite gefällt, auch ihr Druckpunkt vermittelt einen hochwertigen Eindruck.

Die Rückseite ist aber durchaus Geschmackssache: Wer es lieber schlichter mag, kann zur schwarzen Version greifen, wer lieber auffällt, hat mit den Ausführungen „Emerald Green“, „Honor Code“ oder der hier getesteten Variante „Frost Crystal“, genügend Auswahl. Honor legt übrigens eine durchsichtige TPU-Hülle zum Schutz „out of the box“ bei.

Bei den Materialien hat Honor auf einen Plastikrahmen und eine Glasrückseite gesetzt, wenngleich das Cover genauso gut aus Kunststoff sein könnte. Einiges an Druck auf die Rückseite ist notwendig, um ihr ein Knacken zu entlocken. Insgesamt hat Honor sich also wirklich Mühe bei der Verarbeitung gemacht. Kritik gibt es aber für den extrem schmalen Hörerschlitz ohne Schutzgitter, in dem sich gerne Krümel und Staub sammeln und dann kaum mehr zu entfernen sind. Ähnlich sieht es in der Nähe der massiven Kamera-Elemente auf der Rückseite aus.

Display

Wie eingangs erwähnt misst der Bildschirm 6,57 Zoll in der Diagonalen. Er kommt im schmalen 19,5:9-Format daher und setzt auf ein AMOLED-Panel, wodurch das Smartphone von tiefen Schwarzwerten, knalligen Farben und einem „echten“ Always-on-Display-Modus profitiert. Dies garniert Honor schließlich mit einer Full-HD+-Auflösung von 2.340 x 1.080 Pixeln sowie einer flüssigen Bildwiederholrate von bis zu 120 Hz.

Unseren gemessen Werten nach betrug die Helligkeit 630 Nits bei einem Average Picture Level (APL) von 100 Prozent (sprich bei vollständiger Weißdarstellung). Bei einem APL von 20 Prozent, also ca. 20 % Weißdarstellung, ließen sich maximal 761 Nits messen. Damit ist das Honor 50 etwa auf einer Stufe mit dem OnePlus Nord 2, teurere Geräte wie das Pixel 6 können diese Werte aber übertreffen. Unter dem Bildschirm sitzt übrigens ein optischer Fingerabdrucksensor, der seinen Job in den meisten Fällen recht zuverlässig verrichtet.

Leistung und Speicher

Um das Smartphone anzutreiben, hat sich Honor für den bewährten Qualcomm Snapdragon 778G entschieden, der häufig in Mittelklasse-Smartphones Anwendung findet. Der im Sechs-Nanometer-Verfahren gefertigte Chip kann nicht ganz die Leistung oder Effizienz des Snapdragon 888 liefern, ist aber ein guter Kompromiss angesichts des niedrigen Preises – und hat zudem 5G-Support.

Auch ohne großartige Wärmeentwicklung sind aktuelle, grafisch aufwendige Gaming-Titel flüssig spielbar. Auch die restliche Navigation durch die Oberfläche gestaltet sich gerade in Verbindung mit dem 120-Hz-Display butterweich. Dem SoC stellt Honor je nach Ausführung 6 GB RAM und 128 GB Speicher oder 8 GB RAM und 256 GB Speicher zur Seite. Eine Möglichkeit zur Erweiterung per SD-Karte gibt es nicht.

Akku

Honor liefert im normalen Honor 50 sogar einen stärkeren Akku als im Honor 50 Pro. Hier fasst er auf dem Papier nämlich 4.300 mAh, im Pro lediglich 4.000 mAh. Da lässt sich die geringere Ladeleistung von „nur“ 66 Watt auf jeden Fall verschmerzen, denn das ist immer noch weit mehr als so manch anderes teureres Smartphone schafft (ja, wir gucken dich an, Pixel 6). Honor verspricht mit dem im Lieferumfang enthaltenen Netzteil per USB-C eine Ladung von 0 auf 70 Prozent in 20 Minuten, die vollen 100 Prozent sollen in 45 Minuten erreicht sein. Support für Wireless Charging gibt es allerings nicht.

In unserem Akkutest mit PCMark brachte es das Honor 50 bei fixierten 300 Nits und adaptiven 120 Hz sowie aktiviertem WLAN und GPS auf solide 8 Stunden und 26 Minuten Laufzeit, bevor die Ladung auf 20 Prozent fiel. Das ist kein schlechter Wert, es geht aber besser. Das Google Pixel 6 mit einem gut 4.600 mAh starken Akku schaffte unter den gleichen Bedingungen (jedoch 90 statt 120 Hz) rund 9 Stunden und 51 Minuten, das OnePlus Nord 2 mit 4.500 mAh sogar satte 13 Stunden und 54 Minuten. Die Ladezeit von 45 Minuten auf 100 Prozent konnten wir allerdings bestätigen.

Konnektivität und Software

In Sachen Konnektivität hat Honor Liebe zum Detail bewiesen, sieht man von dem etwas älteren USB-C-2.0-Standard mal ab. Denn neben NFC für Bezahldienste wie Google Pay und 5G sind auch Bluetooth in der aktuellen Version 5.2 und Wi-Fi 6 an Bord. Ein 3,5-Millimeter-Klinkenanschluss hat es nicht ins dünne Gehäuse geschafft. Audiophile werden also wohl kaum zum Honor 50 greifen wollen, doch die junge Zielgruppe, die Honor mit dem Smartphone ansprechen möchte, ist wahrscheinlich sowieso lieber kabellos unterwegs.

Zwar kommt Android 11 zum Einsatz, darüber legt Honor allerdings die Herstelleroberfläche Magic UI in Version 4.2. Dass Honor mal zu Huawei gehört hat, wird an jeder Stelle offensichtlich, denn die Magic UI ist prinzipiell die gleiche Software wie EMU – sprich Oberfläche und auch System-Apps sehen genau so aus wie beim großen Geschwisterkind.

Kamera

Obwohl es nur zwei große Kameraelemente auf der Rückseite des Honor 50 gibt, sind im Smartphone natürlich mehr als zwei Sensoren enthalten. Der obere Kreis beherbergt den massiven 108-MP-Sensor ISOCELL HM2, der auch in einigen Smartphones anderer Hersteller aus den letzten Monaten verbaut ist, zum Beispiel dem Xiaomi Mi 11 (Testbericht) oder Xiaomi 11T Pro (Testbericht). Der Hauptsensor arbeitet mit 9-fachem Pixel-Binning, entsprechend entstehen Bilder mit einer Auflösung von 12 MP im normalen Foto-Modus.

Im unteren Kreis sitzen ein Ultraweitwinkel mit 8-MP-Sensor sowie eine Makro-Linse und ein Tiefensensor mit jeweils 2 MP. Eine Zoom-Linse gehört nicht zum Kamerasetup, sodass man sich auf rein digitale Vergrößerungen verlassen muss. Den Hauptsensor wird man aber auch vermutlich im Alltag am häufigsten benutzen. Und das ist auch gut so, denn man kann sich auf ihn verlassen. Obwohl er nicht mit elektrischem oder optischem Bildstabilisator (EIS/OIS) ausgerüstet ist, liefert er auch aus der Hand selten verwackelte Bilder.

Hauptkamera (tagsüber)

Ultraweitwinkel (tagsüber)

Die vorinstallierte Kamera-App bietet wenig Überraschungen und funktioniert recht gradlinig. Allerdings muss man gleichzeitig verspielte Modi zum Experimentieren wie beispielsweise bei Xiaomi vermissen. Der Nacht-Modus ist zudem nur mit dem Hauptsensor benutzbar. Selbst mit wenig Lichtquellen produziert dieser dann aber ansehnliche Fotos.

Generell ist der Hauptsensor deutlich lichtempfindlicher als etwa der beim Ultraweitwinkel, wobei letzterer unter normalen Bedingungen durchaus zu gebrauchen ist. Bei Nacht zeigt sich jedoch der Qualitätsunterschied.

Hauptkamera (nachts)

Ultraweitwinkel (nachts)

Makro

Mit 2 MP und ohne Autofokus ist der Makrosensor eher zu vernachlässigen und höchstens eine nette Spielerei. Vor allem den richtigen Fokusbereich zu treffen, gestaltet sich jedes Mal als neue Herausforderung.

Porträtmodus

Der Tiefensensor kommt bei Porträtbildern durch schärfere Umrisse vor unruhigeren Hintergründen anstelle von matschigem KI-Bokeh hingegen sichtbar zum Tragen.

Frontkamera

Schließlich ist da noch die Frontkamera, die mit einer Auflösung von 32 MP keine Kompromisse eingeht und Selfie-Fanatiker glücklich machen sollte. Die Ergebnisse gehören zwar nicht zu den besten Selfies, können sich aber sehen lassen.

Fazit

Alles in allem sind wir vom Honor 50 ziemlich beeindruckt. Es ist wohl neben dem ASUS Zenfone 8 (Testbericht) eins der unterschätztesten Smartphones 2021. Aufgrund eines in Europa verspäteten Marktstarts hat es offenbar nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die es eigentlich verdient. Denn das Honor 50 ist zwar mit einem Mittelklasse-Snapdragon ausgestattet, protzt aber ansonsten mit einem Highend-Gewand, einem exzellenten Bildschirm und einem starken Hauptsensor der Kamera.

Während microSD-Slot und Klinkenanschluss ohnehin nur noch in den wenigsten Smartphones zu finden sind, können wir eigentlich nur bemängeln, dass Wireless Charging und ein IP-Zertifikat fehlen. Aktuell ist das Honor 50 für rund 369 Euro zu haben – und zu dem Preis darf man bedenkenlos zuschlagen.

Mobile
Allround-PC.com Award
12/2021
Honor 50
Preis-Leistung

Pro

  • starker Kamera-Hauptsensor
  • Akku schnell wieder voll
  • Bildschirm groß, scharf und farbenfroh
  • schickes, hochwertiges Design

Contra

  • Nacht-Modus nur mit Kamera-Hauptsensor verwendbar
  • keine Speichererweiterung per microSD
  • kein Kopfhöreranschluss
  • Rahmen aus Kunststoff
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Jonathan Kemper

... ist fertig studierter Technikjournalist und Techblogger seit rund einem Jahrzehnt.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher, weiblicher und diverser Sprachformen (m/w/d) verzichtet. Alle Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

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