Cristiano Amon ist seit Ende Juni offiziell der neue CEO von Qualcomm und bleibt gleichzeitig Präsident des milliardenschweren Halbleiterunternehmens. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters legte er die großen Pläne für 2022 offen. Nach dem Smartphone-Markt möchte Qualcomm nun den Notebook-Markt mit eigenen Kern-Designs erobern.
Neue Hoffnung für ACPC-Prozessoren
Seit Jahren bietet das Unternehmen bereits Snapdragon-Chips für Notebooks an, die entsprechend mit der ARM-Version von Windows laufen. Es gibt jedoch bislang kaum solcher Geräte auf dem Markt, die Qualcomm “Always On, Always Connected PCs” (ACPC) nennt. Vorteile der ACPCs sind eine bessere Energieeffizienz gegenüber Pendants von Intel sowie oftmals ein integriertes LTE- oder 5G-Modem. Selbst das Flaggschiff namens Snapdragon 8cx hat allerdings mit einer relativ schwachen Performance zu kämpfen, von den ARM-bedingten Windows-Einschränkungen ganz zu schweigen.
Überraschenderweise zeigte Apple dann Ende 2020, dass ARM-Chips in Notebooks doch nicht zum Scheitern verurteilt sind. Apples M1-SoC basiert auf dem A14-SoC aus dem iPhone 12 und leistet bei den neuen Macs wahre Wunder hinsichtlich der Effizienz und Leistung. Intel wählt bei der kommenden Alder-Lake-Serie einen ähnlichen Weg und verwendet ein hybrides CPU-Design. Wie bei ARM-Prozessoren weisen die nächsten Intel-Chips also große und kleine Kerne auf – Windows 11 ist offenbar darauf extra optimiert worden. Auch Qualcomm scheint aus den jüngsten Entwicklungen im Notebook-Bereich neue Hoffnung geschöpft zu haben.
Nuvia statt ARM Cortex ab 2022
Das im Januar für circa 1,4 Milliarden US-Dollar übernommene CPU-Designteam Nuvia soll die Kehrtwende für Qualcomms ACPC-Projekt bringen. Dahinter stehen Entwickler, die einst bei Apple die Firestorm-Kerne entworfen haben, welche ebenfalls im M1-SoC verwendet werden. Ursprünglich nutzte Qualcomm bei den Smartphone-SoCs eigene Kerne, Scorpion und Krait, aber seit 2014 lizenziert das Unternehmen stattdessen Cortex-Kerne von ARM. Mit der Rückkehr zu eigenen Kern-Designs glaubt Cristiano Amon, den besten Chip auf dem Notebook-Markt bieten zu können.
Der Fokus auf Notebook-Chips ist für Qualcomm ein naheliegender Schritt, da die Snapdragon-Prozessoren bereits in einem Großteil der Android-Smartphones verbaut werden. Da Huaweis Marktposition zunehmend schwindet, geht Qualcomm zusätzlich von einem stark steigenden Absatz in China aus. Nicht nur 5G-Modems wolle man laut Amon für Notebooks bereitstellen, sondern ebenfalls das “Gehirn” (SoC) soll wie bei den Smartphones vom selben Hersteller stammen. Wenn ARM letztendlich eine bessere CPU als Qualcomm entwickeln sollte, hat Qualcomm immer noch die Option, diese wie bisher zu lizenzieren. Regulierungsbehörden prüfen derzeit übrigens die geplante 40-Milliarden-Dollar-Übernahme von Softbanks ARM durch Nvidia.
Weiteres Standbein neben Smartphone-Chips und Modems
Offenbar möchte sich Qualcomm durch eigene Chip-Designs und einen möglichen Durchbruch auf dem Notebook-Markt ein weiteres Standbein abseits der Smartphone-Chips und 5G-Modem aufbauen. Letzteres Segment beschert dem Unternehmen seit der iPhone-12-Serie am meisten Gewinn, da Apple die Modems von Qualcomm bezieht. Jedoch wird Apple diese irgendwann durch intern entwickelte Modems ersetzen, so wie sie auch Intel-Prozessoren ersetzt haben.
Neben einem mittel- bis langfristig platzenden Apple-Deal ist außerdem die wachsende Smartphone-Konkurrenz von Samsung nicht außer Acht zu lassen, denn die Exynos-Chips sitzen mittlerweile nicht mehr nur in Samsung-Geräten. Mit der AMD-Partnerschaft bekommen die Chips des südkoreanischen Herstellers zudem in Kürze wohl wesentlich mehr GPU-Leistung – womit sie aus dem Schatten der Snapdragon-Chips hervortreten könnten. Nebenbei arbeitet Qualcomm daran, den Markenerkennungswert bei Endkund*innen zu steigern, welcher bei der Kaufentscheidung ebenfalls eine Rolle spielt. Die Ankündigung eigener CPU-Designs dürfte übrigens bedeuten, dass Snapdragon-Chips für Smartphones bald ebenfalls ohne Cortex-Kerne bestückt werden.
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