WD Black SN770 NVMe SSD mit 1 TB im Test

HMB-Gaming-Power für die gehobene Mittelklasse?

Mit der neuen WD Black SN770 NVMe SSD bringt Western Digital die Nachfolgerin der SN750 SE Reihe in Position. Wir haben die neue Black-SSD für euch getestet.

Überblick: WD treibts bunt

Wer sich bei WD nach einer neuen SSD mit M.2-Schnittstelle umsieht, kann sich von den Farben leiten lassen. Aktuell gibt es drei Produktfamilien, die vielen Leser*Innen bereits aus der Festplattenzeit bekannt vorkommen dürften: WD Green für das untere Preissegment, WD Blue für die Mittelklasse und „WD_BLACK“ für das Highend-/GAMING-Segment.

WD_Black SN770 SSD auf ihrer Verpackung
Die SN770 kommt im typischen WD_Black-Look daher.

Das WD Black SSD-Portfolio gliedert sich derzeit dann erneut in vier verschiedene Serien auf: Die Modelle SN750 sowie SN750 SE machen den Einstieg, die neue SN770 Familie stellt somit die Nachfolgerin der SN750er-Reihe dar. An der Spitze ist weiterhin die SN850 (hier im Test) angesiedelt.

Die SN770 NVMe ist, wenn man so will, also das neue „mittelgroße“ Modell im Highend-Segment von WD.

Angeboten wird dieses Laufwerk mit vier verschiedenen Kapazitätsstufen von 250 GB, über 500 GB und 1 TB bis hin zu 2 TB. Für unseren Test haben wir die Version mit einer Kapazität von 1 TB verwendet. Preislich startet die SN770 bei knapp 80 Euro, für 1 TB werden ca. 120 Euro fällig und das 2 TB Topmodell kostet 230 Euro.

WD Black SN770: Neuer NAND und HMB-Design

Die SN770-Serie hat einige Gemeinsamkeiten mit ihrer Vorgängerin, der SN750 SE. An entscheidenden Stellen unterscheiden sich die beiden Produkte aber und katapultieren die SN770 damit in eine ganz andere Leistungsklasse.

Beim Controller setzt WD jetzt auf ein Fabrikat aus eigener Herstellung, das über vier Kanäle zur Anbindung des NANDs verfügt. Wie üblich, stehen zu den genauen Spezifikationen des Chips aber keine genauen Informationen bereit. Auf Basis der Leistungswerte der SN770 ist aber davon auszugehen, dass der neue Controller eine ganze Portion mehr Leistung mitbringt als der Phison PS5019-E19T Chipsatz der Vorgängerin.

Nahaufnahme des WD-Controllers der SN770 Serie.
Der neue SanDisk/WD Controller im Detail.

Eine Sache hat WD beim allgemeinen Design der neuen SSD aber beibehalten: Auch die SN770 Familie setzt auf ein Konzept ohne dedizierten DRAM-Cache. Stattdessen macht WD sich erneut die Host Memory Buffer Technologie (HMB) zu Nutze, die bis zu 64 MB des Arbeitsspeichers des Computers für ihre Caching-Zwecke reservieren kann.

Die größte Neuerung findet sich im direkten Vergleich mit der SN750 SE aber ganz klar im Bereich des NANDs wieder. Hier kommt der neuen BiCS5 Flashspeicher zum Einsatz, der in Zusammenarbeit mit Kioxia entwickelt und hergestellt wird. 

Im Vergleich zur vorherigen Version BiCS4 mit 96 Layern, die unter anderem in der SN750 SE verwendet wird, hat der neue NAND nun 112 Schichten. Das steigert nicht nur die Speicherdichte pro NAND-Baustein, sondern verdoppelt auch die maximale Schreibgeschwindigkeit – eine Tatsache, die vor allem in Bezug auf den fehlenden DRAM-Cache wichtig ist. Da es sich um TLC-NAND handelt, ist natürlich auch ein SLC-Cache an Bord, der Schreiboperationen allgemein beschleunigt.

Der BICS5 NAND auf der neuen WD SSD.
Die SSD nutzt den neuen BICS5 NAND von WD.

Trotz der dichter gepackten Speicherbausteine soll die Lebenserwartung der 1-TB-Variante bei 600 TB liegen. Zum Vergleich: Die BiSC4-Generation (SN750 SE 1 TB) kommt auf denselben Wert. Dass die SN770 Serie abermals mit 5 Jahren Garantie ausgeliefert wird, wundert daher wenig.

Die übrigen technischen Daten entsprechen dem aktuellen Stand der Technik: Als Interface kann die WD_BLACK SN770 SSD im Bestfall PCIe 4.0 mit 4 Lanes nutzen. Als Protokoll kommt NVMe 1.4 zum Einsatz.

Tl;dr: Die WD Black SN770 auf einen Blick

Wie immer, findet ihr hier alle wichtigen Informationen zu der neuen WD-SSD kompakt zusammengefasst.

Die WD Black SN770 NVMe SSD…

Leistungstest der WD Black SN770 NVMe SSDD

Im Fokus dieses Artikels steht natürlich hauptsächlich die Leistung, die ein Laufwerk unter verschiedenen Bedingungen an den Tag legt. Daher haben wir die neue WD Black SN770 NVMe SSD mit 1 TB verschiedenen Tests unterzogen. Theoretische Benchmarks kitzeln das Maximum aus dem Laufwerk heraus, während praktisches Testdurchläufe eine Einschätzung der Laufwerksleistung unter alltäglichen Bedingungen erlauben.

Folgende Laufwerke wurden für den Vergleich herangezogen:

Testsystem

Wir haben die folgenden Benchmark-Tools verwendet:

*mit anderem Testystem (Intel Skylake) getestet.

Erklärung zu den Diagrammen: Wenn ihr die Maus auf einen Balken bewegt, wird euch der Produktname und die erreichte Punktzahl angezeigt. Um die Ansicht übersichtlicher zu gestalten, könnt ihr für euch uninteressante Produkte mit einem Klick auf den Produktnamen in der Legende unterhalb des Diagramms ausblenden.

Synthetische Benchmarks

Synthetische Benchmarks bringen die Laufwerke an ihre Leistungsgrenzen – die dargestellten Situationen entsprechen aber häufig nicht den Alltagsbedingungen, denen eine SSD ausgesetzt ist. Der Vorteil von synthetischen Benchmark ist ihre genaue Reproduzierbarkeit. Die Ergebnisse lassen sich somit besonders gut zwischen verschiedenen Laufwerken vergleichen.

A.S. SSD Benchmark

Der A.S. SSD Benchmark misst die sequenziellen Schreib- und Leseraten einer SSD. Darüber hinaus werden Zugriffszeit und Transferraten beim Zugriff auf kleine Dateien gemessen. Ein integrierter Kopier-Benchmark simuliert das Kopieren von ISO-Dateien, Programmen und Computerspielen und misst dabei die Transferraten. Unseren Erfahrungen nach sind die Ergebnisse sehr praxisnah, da mehrere Durchläufe gemittelt werden.



ATTO Disk Benchmark

Wenn es darum geht die maximale Schreib- und Lesegeschwindigkeit einer SSD zu ermitteln, ist der ATTO Disk Benchmark ein zuverlässiges Tool. Die Leistung wird anhand verschiedener Blockgrößen gemessen, die wir in Blöcken von 4 Kilobyte bis 2 Megabyte dargestellt haben. In der Praxis sind die ermittelten Werte allerdings nur selten zu erreichen und werden von den Herstellern gerne als Werbemittel eingesetzt.





Crystal Disk Mark

Der Crystal Disk Mark (CDM) ist ein weiteres Benchmark-Tool, welches die Performance von SSDs analysieren kann. Hier werden unterschiedliche Tests durchgeführt, deren Ergebnisse ähnlich wie beim A.S. SSD Benchmark aus jeweils fünf Testdurchläufen gemittelt werden. CDM hat sich in den letzten Jahren zu einem Standardtest entwickelt und wird von SSD-Herstellern oft selbst zur Bestimmung der beworbenen Leistungswerte eingesetzt.



Real Benchmarks

Wesentlich interessanter für die spätere Benutzung einer Solid State Disk sind die Real-Tests. Wie der Name schon sagt, überprüfen dieser Art von Test die Leistung der SSDs unter alltäglichen Bedingungen. Hierzu werden verschiedene Dateien kopiert und die Transferraten ermittelt. Dazu gehört ein 20 GB großes ISO-Image sowie ein Teil des BattleField 5 Spiele-Ordners mit einer Größe von 20,3 GB. Um eine Limitierung der Leistung der zu testenden SSD durch ein zu langsames Quelle-/Ziellaufwerk zu verhindern, werden alle Test mit einer RAM-Disk durchgeführt.

In einem ersten Test wird eine 20 GB große Image Datei zunächst von der RAM-Disk auf die SSD geschrieben. Anschließend wird die Datei von der SSD gelesen und auf die RAM-Disk zurückkopiert. In beiden Fällen werden die Zeiten von drei Durchläufen gemessen und ein Durchschnitt gebildet. Anschließend wird die Prozedur mit einem 20,3 GB großen Installationsordner, der mehrere Dateien unterschiedlicher Größen beinhaltet wiederholt. Am Schluss wird derselbe Ordner zwischen zwei Pfaden auf derselben SSD kopiert. In diesem Fall muss die SSD Dateien gleichzeitig lesen und schreiben. Aus Dauer und Dateigrößer wird abschließend die Transferraten in MB/s berechnet.



Leistung im Zeitverlauf

Um die Leistung der SSD mit zunehmenden Füllstand zu simulieren, wird das Testlaufwerk fast vollständig mit zufälligen Daten (nicht komprimierter) gefüllt. Es verbleiben lediglich 10 GB freier Speicherplatz. Unter diesen Bedingungen werden die Tests mit dem Crystal Disk Mark wiederholt und die Ergebnisse verglichen.



Ergebnisse: Kann die WD Black SN770 überzeugen?

Die während unserer Tests ermittelten Ergebnisse zeigen, dass WD im Bereich der sequenziellen Transferraten keine leeren Versprechen abgibt. Die SN770 schafft dank des neuen NANDs in der Spitze tatsächlich über 5.200 MB/s und knapp 4.980 MB/s beim Schreiben. Damit liegen die gemessenen Maximalwerte über den Herstellerangaben. Auch kommt die SN770 damit der schnelleren SN850 SSD mit 2 TB (5.180 MB/s) im sequenziellen Schreibbetrieb ziemlich nahe.

Nahaufnahme der SN770 1 TB SSD.
Das Laufwerk ist nur einseitig bestückt und damit ziemlich flach.

Bei den zufälligen Zugriffen auf unterschiedlich große Blöcke, reiht sich die SN770 Serie in die Gruppe von Crucial P5 Plus, WD Black SN850, Samsung SSD 980 Pro und Patriot P400 ein. Beim Schreiben erreicht das Laufwerk für sein HMB-Design erstaunlich gute Werte, beim zufälligen Lesen findet sich die SN770 mit 1 TB im Mittelfeld unseres Vergleiches wieder.

Interessant ist in jedem Fall der Blick auf die praktischen Kopiertests unter Windows, die der SSD eine solide Lese- und Schreibleistung bescheinigen. Die Differenz zu den anderen, teureren Highend-SSDs im Testfeld ist hier teilweise nur noch marginal. Selbst beim gleichzeitigen Lesen und Schreiben hält die SN770 erstaunlich gut. Natürlich können hier die noch schnelleren SSDs einige 100 MB/s mehr rausholen, was für Ottonormalverbraucher*Innen aber wohl eher nebensächlich ist.

Da das Solid State Module vollständig ohne Kühlkörper geliefert wird, ist die Betrachtung der Wärmeentwicklung ebenfalls spannend. Der neue Controller von SanDisk / WD erreichte aber selbst bei unserem Dauerschreibtest nicht mehr als 79 °C. Die Temperatur bleibt damit also im Rahmen. Natürlich freut sich das Laufwerk trotzdem über einen Kühler, sofern dafür genug Platz ist.

WD_BLACK SN770 NVMe SSD Wärmeentwicklung unter Last
Unter Volllast erreicht der Controller als wärmstes Bauteil maximal 79°C.

Auch nachdem die SSD vollständig gefüllt war (10 GB verbleibender Speicher), waren die allgemeinen Transferraten weiterhin hoch. Einen zu erwähnenden Leistungseinbruch gibt es dadurch eigentlich in keiner Disziplin. Das Vollschreiben des Laufwerks an einem Stück absolvierte die WD Black SN 770 NVMe SSD mit 1 TB im Übrigen mit durchschnittlich 634 MB/s. Zum Vergleich eine Crucial P5 Plus 1 TB schafft in dieser Disziplin knapp 1,1 GB/s, bei der Patriot P400 1 TB haben wir 790 MB/s gemessen.

Fazit

Die WD Black SN770 Serie ist das, was die SN750 SE ursprünglich sein sollte: Eine echte Nachfolgerin für die SN750 SSD.

WD bringt die 700er-Modelle mit dem neuen BICS5 NAND und einem schnellen Controller in die 5 GB/s-Region und zeigt damit relativ eindrucksvoll, dass es dafür Im Jahr 2022 keinen DRAM-Cache mehr benötigt.

Insgesamt liefert das neue Laufwerk in unserem Test ein positives Bild ab, kann aber stellenweise natürlich nicht mit allen Highend-Laufwerken im Vergleich mithalten. Ein Beispiel dafür ist die nur mittelmäßige Schreibgeschwindigkeit bei hohem Schreibvolumen nach dem Volllaufen des SLC-Caches. Diesen hohen Anspruch dürften Interessent*Innen der SN770 aber auch gar nicht unbedingt haben, denn WD versucht mit dem Produkt einmal wieder den Spagat zwischen Leistung und einem attraktiven Preis.

Apropos: Für die von uns getestet WD Black SN770 mit 1 TB werden derzeit knapp 120 Euro fällig. Zum Vergleich: Die bekannte Samsung SSD 998 Pro kostet mit 1 TB derzeit ab 127 Euro. Die ebenfalls beliebte Crucial P5 Plus (1 TB) ist mit circa 135 Euro etwas teurer, erreicht dafür aber noch höhere Geschwindigkeiten. 

Der aktuelle Preis macht eine direkte Empfehlung für die SN770 somit schwierig, denn die große Schwester SN850 ist in der 1-TB-Variante mit 142 Euro nur geringfügig teurer und damit eigentlich weiterhin die bessere Wahl. Sollte der Preis zeitnah in die 100-Euro-Region fallen, dreht sich das Blatt jedoch und bringt die SN770 in die Position, die WD eigentlich für das Laufwerk angestrebt haben dürfte: Hohe Leistung zu einem Preis, der die Konkurrenz links liegen lässt.

Pro

  • neuster WD-NAND
  • schneller 4-Kanal-Controller
  • hohe Transferraten für ein HMB-SSD
  • Temperaturen auch bei Volllast im Rahmen
  • fairer Preis

Contra

  • Schreibgeschwindigkeit nach Füllung des SLC-Caches eher gering

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Nils Waldmann

...ist seit über 17 Jahren bei Allround-PC.com und als Redakteur und technischer Leiter tätig. In seiner Freizeit bastelt und konstruiert Nils gerne flugfähige Modelle und ist mit der Drohne unterwegs.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher, weiblicher und diverser Sprachformen (m/w/d) verzichtet. Alle Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

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