Razer Edge im Test: Wer soll diesen Cloud-Gaming-Handheld kaufen?

Android-Tablet mit Controller
Razer Edge Gaming-Handheld vor schwarzem Hintergrund und grünen LED-Röhren.

Mit dem Razer Edge ist eine weitere Option auf dem Handheld-Markt erschienen. Das kompakte Android-Tablet setzt den Fokus auf Cloud-Gaming und hat dafür einen passenden Controller mit USB-C-Anschluss zur Verfügung. Warum ihr doch lieber einen bewährten Gaming-Handheld nehmen solltet, verraten wir euch in diesem Testbericht.

Das Razer Edge ist ein kompaktes Android-Tablet samt passendem Razer Kishi V2 Pro Controller-Aufsatz. Im Oktober 2022 wurde es erstmals angekündigt, allerdings erschien es zuerst nur in Nordamerika ab 400 US-Dollar. Auf dem deutschen Markt startete das Razer Edge dann im August 2023 für rund 500 Euro. Hierzulande ist jedoch nur die WLAN-Variante verfügbar, während auf dem US-Markt alternativ eine Version mit 5G-Modem angeboten wird.

Zu diesem Preis ist es teurer als der Logitech G Cloud (~360 Euro), Nintendos Switch OLED (~320 Euro) und das Einstiegsmodell des Valve Steam Deck (~419 Euro). Razers Gaming-Tablet bleibt allerdings weitaus günstiger als High-End-Handhelds wie der Asus ROG Ally (Test) und Lenovo Legion Go.

Bild: Razer

Razer Edge Gaming-Handheld

Die kompakte Handheld-Spielekonsole verspricht eine unschlagbare Performance und kommt mit einem 144 Hz OLED-Display daher. Dazu gibt es den Razer Kishi V2 Pro Controller.

Das taiwanische Gaming-Unternehmen setzt hier auf eine gehobene Tablet-Ausstattung mit Cloud-Fokus. Übrigens erschien schon im Jahr 2013 ein Gaming-Tablet mit Controller namens Razer Edge, das aber weitaus größer und teurer war sowie auf Windows 8 basierte.

Design: Mini-Tablet mit Lüfter

Beim Auspacken erinnerte mich das kompakte Tablet mit seinem kantigen Gehäuse direkt an das Razer Phone. Dies liegt auch daran, dass es mit seinem 6,8-Zoll-Display mehr “Phablet” als Tablet ist. Im Vergleich zu modernen Smartphones fällt das Razer Edge aber merklich breiter aus. Der Rahmen und die Rückseite bestehen aus Kunststoff, hinten fallen mehrere Lüftungsschlitze auf.

Denn Razer hat sich für eine aktive Kühlung entschieden, die sich im Test als starker Kritikpunkt herausstellte. Der verbaute Lüfter ist nahezu dauerhaft aktiv und gibt ein hochfrequentes Geräusch von sich. Das gilt nicht nur beim mobilen Spielen, sondern ebenfalls beim normalen Benutzen oder bei Cloud-Gaming. Selbst im Standy-Modus blieb er oft noch über eine Stunde aktiv.

Anpassen lässt sich die Lüfterkurve unverständlicherweise nicht. Generell ist fraglich, warum es für den verbauten Mobilprozessor überhaupt einen Lüfter bedarf, wenn Smartphones selbst mit stärkeren Chips ohne auskommen. Der Lüfter störte mich weitaus mehr als beim Steam Deck oder der Nintendo Switch.

Mit einem Gewicht von 386 Gramm fällt das Razer Edge vergleichsweise leicht aus und liegt gut in den Händen.

Razers Handheld-Tablet weist äußerlich sonst nur noch ein schlichtes Herstellerlogo, eine Power-Taste, zwei Lautstärketasten sowie USB-C und einen MicroSD-Slot auf. Einen Fingerabdrucksensor gibt es nicht, weshalb man entweder auf eine sichere Entsperrung verzichten oder ständig PINs oder Muster eingeben muss. Ebenso fehlt ein Kopfhöreranschluss am Razer Edge, doch dieser wird durch den Controller-Aufsatz “nachgerüstet”.

Gaming-Controller: Kishi V2 Pro

Dem Gaming-Tablet liegt stets ein Kishi V2 Pro bei, welcher einzeln 150 Euro kostet. Gegenüber dem Kishi V2 bietet das Pro-Modell Vibrationsmotoren und eine Kopfhörerbuchse. Seinerzeit hat bei uns Robin den ersten Kishi-Controller getestet. Die Verbindung erfolgt über USB-C und ist somit latenzfrei. Das Tablet wird einfach rechts in die Controller-Hälfte gesteckt, anschließend zieht man den restlichen Controller zur linken Geräteseite.

Der Razer Kishi V2 Pro Gaming-Controller mit USB-C-Anschluss.

Durch das herausziehbare Mittelteil lässt sich der Kishi V2 Pro an den meisten Smartphones, darunter neuerdings auch das iPhone 15 Pro Max, anbringen. Mit der Razer-Nexus-App funktionieren seine Features dann ebenso. Abseits der auf unterschiedlicher Höhe positionierten “Pause/Start”- und “Menü/Select”-Tasten war ich mit dem Controller im Test zufrieden, beim haptischen Feedback hatte ich mir wiederum etwas mehr erhofft.

Die Ergonomie reicht natürlich nicht an richtige Konsolen-Controller heran, ist aber allenfalls besser als bei Nintendos JoyCons. Mit einem Gewicht von 386 Gramm ist das Razer Edge nicht allzu schwer und liegt angenehm in den Händen. Ohne Controller bringt der Phablet allein knapp 247 Gramm auf die Waage.

Display: Runde Ecken und schwarze Balken

Das 6,8 Zoll große OLED-Display löst mit 2.400 × 1.080 Pixeln auf und unterstützt eine Bildrate von bis zu 144 Hertz. Alternativ lässt sich diese in den Einstellungen aber auch auf 60, 90 oder 120 Hertz reduzieren – beispielsweise um Strom zu sparen. Allerdings erwies sich das 20:9-Seitenverhältnis vor allem für Cloud-Gaming als sehr unvorteilhaft, da in den meisten Fällen mit 16:9 gestreamt wird. Schwarze Balken nehmen dann die Seiten des Bildschirms ein, was ebenfalls für die Videowiedergabe gilt. Der Streamingdienst GeForce Now unterstützt im Ultimate-Abonnement zwar Ultrawide-Auflösungen, doch diese ließen sich im Test nicht auswählen.

Bei Cloud-Gaming erscheinen dicke, schwarze Ränder.

Eine interessante Design-Entscheidung sind außerdem die stark abgerundeten Bildschirmecken, die in seltenen Fällen UI-Elemente abschneiden, weil die Oberfläche weiterhin rechteckig gerendert wird. Gepaart mit den ziemlich breiten, eckigen Seitenrändern wirkt das Display somit kleiner, als es ist. Immerhin gab es in den Rändern genügend Platz für eine Fünf-Megapixel-Frontkamera. Auf Kameras auf der Rückseite wurde verzichtet.

Die Helligkeit ist für Handheld-Verhältnisse in Ordnung, für Smartphone-Verhältnisse jedoch unbeeindruckend. Eine Herstellerangabe konnte nicht gefunden werden, gemessen habe ich maximal 542 Nits bei reduzierter Weißbilddarstellung (20 % APL) und 429 Nits bei Vollbildweiß (100 % APL). Für Innenräume ist dies ausreichend, im Außeneinsatz wird es bei Sonnenschein hingegen schwer, etwas auf dem Display zu erkennen.

Leistung & Speicher

Als erstes und bislang einziges Gerät ist das Razer Edge mit Qualcomms Snapdragon G3x Gen 1 ausgestattet. Der Chip aus Ende 2021 wurde für Handhelds konzipiert, basiert auf dem Smartphone-Chip Snapdragon 888 und wurde mittlerweile schon von der zweiten Generation abgelöst. Qualcomm hat den CPU- und GPU-Takt angehoben, womit sich die Leistung etwas über dem Snapdragon 888+ einordnen dürfte.

Die CPU besteht aus einem Cortex-X1-Kern mit bis zu 3,0 Gigahertz, drei A78-Kernen mit bis zu 2,42 Gigahertz und vier A55-Kernen mit 1,8 Gigahertz. Eine Besonderheit ist die exklusive Adreno-GPU, deren Details jedoch unbekannt sind. Zumindest der GPU-Takt wird mit 900 Megahertz angegeben, was leicht über den 840 Megahertz der Adreno 660 im Snapdragon 888+ liegt.

Bei der WLAN-Variante des Razer Edge sind zudem sechs Gigabyte LPDDR5-Arbeitsspeicher verbaut, während es im Falle der hier nicht verfügbaren 5G-Version acht Gigabyte sind. An Massenspeicher sind 128 Gigabyte UFS 3.1 vorhanden, die sich mittels MicroSD-Karte erweitern lassen.

Software: Android 12 mit Razer Nexus

Als Betriebssystem dient Android 12 mit Standard-Apps von Google und einigen Drittanbieter-Apps für Spiele-Streaming. Auch die Razer-Nexus-App ist dabei, welche als Spiele-Launcher und Controller-Tool dient. Für den Virtueller-Controller-Modus muss die jeweilige Anwendung zwingend über Razer Nexus gestartet werden, da die Controller-Eingaben sonst nicht erkannt werden.

Razer setzt beim Edge zum Testzeitpunkt auf Android 12.

Warum noch das alte Android 12 und verwendet wird, während bereits der Start von Android 14 erfolgte, ist unbekannt. Razer setzt nicht auf die Tablet-Version von Android, daher wirken etwa die Einstellungen sowie die Benachrichtigungsleiste im Querformat ziemlich gestreckt, und auf der virtuellen Tastatur lässt es sich dann schlecht tippen.

Akku: Ausdauernd genug

Mit 5.000 Milliamperestunden fällt die Akkukapazität typisch für ein Android-Gerät dieser Größe aus. Wie bei Smartphones variiert die Laufzeit natürlich stark je nach Einsatz und Bildschirmeinstellung. Bei Cloud-Gaming mit automatischer Helligkeit und 120 Hertz hält das Razer Edge schätzungsweise sechs Stunden durch. Mit 60 Hertz und niedriger Helligkeit sind vermutlich sogar acht Stunden ohne Aufladen drin. Bei anspruchsvollen Android-Spielen wie Genshin Impact geht dem Mini-Tablet aber bereits nach 2 bis 2,5 Stunden der Saft aus.

Insgesamt würde ich die Akkulaufzeit auf dem Niveau des Valve Steam Deck einordnen, teilweise leicht darüber. Ein Ladegerät liegt im Lieferumfang nicht bei, lediglich ein USB-C-Kabel. Das Tablet lädt mit maximal 25 Watt in etwas über einer Stunde auf, am USB-C-Port des Controllers sinkt die Ladeleistung auf rund 15 Watt, was in einer Ladezeit von rund zwei Stunden resultiert.

Fazit

Das Highlight des Razer Edge ist definitiv der Controller, der sich jedoch auch einzeln erwerben lässt und auch mit Smartphones genutzt werden kann. Das Tablet an sich ist mir für den Preis schlichtweg zu kompromissbehaftet. Das OLED-Display hat zwar gute Farben, starke Kontraste sowie geschmeidige 144 Hertz, besitzt dafür aber ein suboptimales Seitenverhältnis für den Einsatzzweck und recht breite Ränder.

Der hochfrequente Lüfter störte mich zudem häufiger beim Spielen, ebenso wie der lückenhafte Controller-Support von Android-Spielen. Die Nexus-App hilft in solchen Fällen, aber die virtuelle Controller-Belegung ist mit einmaligem Zeitaufwand je Spiel verbunden. Das fehlende 5G-Modem erinnerte mich, ebenso wie die nicht vorhandenen Rückkameras, oftmals daran, wie sehr man dennoch auf ein zusätzliches Smartphone unterwegs angewiesen ist.

Generell sehe ich einfach keinen Mehrwert beim Razer Edge gegenüber einem Smartphone mit Extra-Controller. Selbst ein Smartphone für circa 350 Euro bietet genügend Leistung für Android-Spiele, da bleibt dann noch genügend Geld übrig für einen Controller wie den Kishi V2 Pro – und am Ende habt ihr euer Smartphone sowieso schon in der Tasche und müsst nicht noch das Razer Edge einpacken. Der Vorteil von Cloud-Gaming ist nun mal, dass es auf jedem Gerät problemlos funktioniert, sofern die Internetverbindung ausreicht.

Ich würde dem Razer Edge vermutlich viel mehr verzeihen, wenn es 300 Euro kosten würde, doch damit wäre es für Razer wohl unwirtschaftlich. Die Zielgruppe ist meines Erachtens weitaus zu klein für einen dedizierten Cloud-Handheld. Bei einem Steam Deck erhält man wesentlich mehr für kleineres Geld.

Pro

  • OLED-Display mit 144 Hertz
  • Speicher erweiterbar
  • guter Controller
  • handliches Design

Contra

  • nerviger, nicht steuerbarer Lüfter
  • breite Ränder, stark abgerundete Ecken
  • schlechtes Seitenverhältnis für Medien/Streaming
  • kein Mehrwert ggü. Smartphone mit Controller
  • ohne Hotspot unterwegs nur eingeschränkt nutzbar
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Foto von Tim Metzger Tim Metzger

… schreibt seit 2020 für Allround-PC zu Technik aller Art und hat schon in jedem Ressort Artikel verfasst. Abseits des Redakteur-Jobs studiert Tim Technikjournalismus an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher, weiblicher und diverser Sprachformen (m/w/d) verzichtet. Alle Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

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