Mit der Kingston NV2 SSD ergänzt der US-Speicherspezialist sein derzeitiges Portfolio um eine kostengünstige NVMe-SSD. Wir haben das neue Laufwerk für euch unter die Lupe genommen.
Kingston ist als Hersteller von SSD-Laufwerken bereits viele Jahre im Geschäft. Im Gegensatz zu so manchem Konkurrenten, halten die US-Amerikaner ihr Angebot stets übersichtlich, sodass die Wahl des richtigen Speichers für Kunden erleichtert wird.
Derzeit gibt es genau drei verschiedene NVMe-SSD-Modelle von Kingston, die für Endverbraucher von Interesse sind: Die Kingston FURY Renegade SSD (zu unserem Test) deckt den Highend-Bereich ab. In der oberen Mittelklasse ist die Kingston KC3000 SSD einzusortieren. Als dritte im Bunde gesellt sich ab sofort die neue Kington NV2 SSD-Familie dazu und zielt auf ein möglichst attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis ab.

Wie sich die Kingston NV2 SSD schlägt, klären wir im folgenden Test. Dazu stand uns das Modell mit einer Speicherkapazität von 2 TB zur Verfügung. Alternativ bietet der Hersteller die NV2-Serie auch mit 250 GB, 500 GB, 1 TB und mittlerweile sogar 4 TB an und will sich damit sowohl für einfache Office-Computer als auch für die Ablage größerer Datensammlungen interessant machen.
Kingston NV2 SSD: Die Technik im Detail
Bei seiner neuen NV2-Serie setzt Kingston auf aktuelle Technik, die jedoch klar mit dem Fokus auf ein möglichst attraktives Verhältnis zwischen Speicherkapazität und Kaufpreis ausgewählt wurde.
Bei dem Laufwerk kommt ein Silicon Motion-Controller mit vier Kanälen zum Einsatz. Genauer gesagt handelt es sich um den SM2267XT. Es scheint außerdem Versionen zu geben, die mit einem Phison E21T Chip ausgestattet sind. Welcher Controller verbaut ist, ist für euch als Käufer im Regelfall leider beim Kauf nicht ersichtlich. Es gibt also auch auf der Verpackung oder in der Modellnummer keinen Hinweis darauf.
Der Phison-Chip (E21T-PS5021) ist, rein auf die technischen Daten bezogen, performanter als der SMI-Controller. Da jedoch beide Chipsätze mehr könnten, als es die limitierende Konfiguration der NV2 SSD erlaubt, dürfte der Unterschied zwischen den beiden Varianten der SSD in der Praxis eine eher untergeordnete Rolle spielen.
Verschiedene Bestückungen verwirren ..
Beim Speicher setzt Kingston auf Toshiba BiSC5 NAND, der mit 112 Layern arbeitet. Im Normalfall – und so ist es auch bei unserem Testmuster – wird dieser im TLC-Verfahren angesprochen. Auch beim NAND gibt es jedoch offenbar verschiedene Bestückungen, sodass die NV2 augenscheinlich auch mit QLC-Speicher im Umlauf ist.
Insgesamt scheint die SSD als in vier Hardwarevarianten auf dem Markt zu sein:
- Phison + TLC
- Phison + QLC
- SMI + TLC
- SMI + QLC
Beide NAND-Varianten verfügen über einen entsprechenden SLC-Cache, um Schreibzugriffe zu beschleunigen.
Kingston selbst hat die beworbenen Leistungsangaben aber so gewählt, dass diese von prinzipiell jeder dieser vier Bestückungsvarianten bedient werden sollten. In welcher Verteilung die vier Optionen im Handel zirkulieren, ist unbekannt. Eine Umfrage der Kollegen von ComputerBase hat aber ergeben, dass die TLC-Varianten mit deutlich über 85 % diese Verteilung zu dominieren scheint.
Die Anbindung der Kingston NV2 SSD erfolgt natürlich physikalisch über den M.2-Slot. Als Protokoll kommt NVMe 1.4 zum Einsatz. Einen dedizierten DRAM-Cache gibt es nicht, stattdessen nutzt das Laufwerk die HMB-Technologie (Host Memory Buffer). Dabei wird ein kleiner Teil des RAMs des Computers als schneller Zwischenspeicher verwendet.
In Bezug auf die Lebenserwartung des NANDs gibt der Hersteller bis zu 640 TB für das Modell mit 2 TB Speicherkapazität ab. Dazu wird eine dreijährige Garantie gewährt.
Die NV2 SSD auf einen Blick
Wir haben euch die wichtigsten Fakten zur Kingston NV2 SDD noch einmal kompakt zusammengefasst.
Die Kingston NV2 SSD…
- … gibt es in fünf Kapazitäten von 250 GB bis 4 TB zu kaufen.
- … wird in verschiedenen Konfigurationen mit Phison oder Silicon Motion Controller ausgestattet.
- … setzt auf NAND von Toshiba.
- … verzichtet auf einen DRAM-Cache und nutzt HMB.
- … kann auf einen SLC-Cache zurückgreifen.
- … wird über M.2 und via NVMe 1.4 an den Host angebunden.
- … kommt als Single-Sided-Modul ohne Kühler.
- … verfügt über eine TBW-Angabe von 640 TB (2-TB-Variante).
- … beistzt eine Garantiedauer von drei Jahren.
Leistungstest der Kingston NV2 SSD
Im Fokus dieses Artikels steht natürlich hauptsächlich die Leistung, die ein Laufwerk unter verschiedenen Bedingungen an den Tag legt. Daher haben wir die Kingston NV2 SSD mit 2 TB verschiedenen Tests unterzogen. Theoretische Benchmarks kitzeln das Maximum aus dem Laufwerk heraus, während praktische Testdurchläufe eine Einschätzung der Laufwerksleistung unter alltäglichen Bedingungen erlauben.
Folgende Laufwerke wurden für den Vergleich herangezogen:
- Crucial P3 2 TB (Gen 3)
- Crucial P3 Plus 2 TB (Gen 4)
- Samsung SSD 990 Pro 1 TB (Gen 4)
- WD Black SN850X SSD 2 TB (Gen 4)
- Crucial P5 Plus 1 TB (Gen 4)
- Patriot Viper VP4300 2 TB (Gen 4)
- Kingston FURY Renegade SSD 2 TB (Gen 4)
- MSI SPATIUM M480 Play SSD 2 TB (Gen 4)
- WD Black SN770 NVMe SSD 1 TB (Gen 4)
- Patriot Viper VPR400 RGB SSD mit 1 TB (Gen 4)
Testsystem:
- Prozessor: AMD Ryzen 7 3800X 4,5 GHz, Turbo Boost aktiv, SMT aktiviert
- Mainboard: MSI MEG X570 Godlike
- Kühler: Arctic Freezer 33 eSports One
- RAM: 32 GB Corsair Vengeance LPX DDR4 4.000 MHz
- Systemlaufwerk: Samsung SSD 960 Pro (500 GB)
- Grafikkarte: XFX 5600XT
- Betriebssystem: Windows 10 Professional x64
Wir haben die folgenden Benchmark-Tools verwendet:
- A.S. SSD Benchmark 2
- Crytsal Disk Mark 7 x64
- ATTO Disk Benchmark 3.05
*mit anderem Testystem (Intel Skylake) getestet.
Erklärung zu den Diagrammen: Wenn ihr die Maus auf einen Balken bewegt, wird euch der Produktname und die erreichte Punktzahl angezeigt. Um die Ansicht übersichtlicher zu gestalten, könnt ihr für euch uninteressante Produkte mit einem Klick auf den Produktnamen in der Legende unterhalb des Diagramms ausblenden.
Synthetische Benchmarks
Synthetische Benchmarks bringen die Laufwerke an ihre Leistungsgrenzen, die dargestellten Situationen entsprechen aber häufig nicht den Alltagsbedingungen, denen eine SSD ausgesetzt ist. Der Vorteil von synthetischen Benchmarks ist ihre genaue Reproduzierbarkeit. Die Ergebnisse lassen sich somit besonders gut zwischen verschiedenen Laufwerken vergleichen.
A.S. SSD Benchmark
Der A.S. SSD Benchmark misst die sequenziellen Schreib- und Leseraten einer SSD. Darüber hinaus werden Zugriffszeit und Transferraten beim Zugriff auf kleine Dateien gemessen. Ein integrierter Kopier-Benchmark simuliert das Kopieren von ISO-Dateien, Programmen und Computerspielen und misst dabei die Transferraten. Unseren Erfahrungen nach sind die Ergebnisse sehr praxisnah, da mehrere Durchläufe gemittelt werden.
ATTO Disk Benchmark
Wenn es darum geht, die maximale Schreib- und Lesegeschwindigkeit einer SSD zu ermitteln, ist der ATTO Disk Benchmark ein zuverlässiges Tool. Die Leistung wird anhand verschiedener Blockgrößen gemessen, die wir in Blöcken von 4 Kilobyte bis 2 Megabyte dargestellt haben. In der Praxis sind die ermittelten Werte allerdings nur selten zu erreichen und werden von den Herstellern gerne als Werbemittel eingesetzt.
Crystal Disk Mark
Der Crystal Disk Mark (CDM) ist ein weiteres Benchmark-Tool, welches die Performance von SSDs analysieren kann. Hier werden unterschiedliche Tests durchgeführt, deren Ergebnisse ähnlich wie beim A.S. SSD Benchmark aus jeweils fünf Testdurchläufen gemittelt werden. CDM hat sich in den letzten Jahren zu einem Standardtest entwickelt und wird von SSD-Herstellern oft selbst zur Bestimmung der beworbenen Leistungswerte eingesetzt.
Real Benchmarks
Wesentlich interessanter für die spätere Benutzung einer Solid State Disk sind die Real-Tests. Wie der Name schon sagt, überprüfen diese Art von Tests die Leistung der SSDs unter alltäglichen Bedingungen. Hierzu werden verschiedene Dateien kopiert und die Transferraten ermittelt. Dazu gehört ein 20 GB großes ISO-Image sowie ein Teil des Battlefield 5 Spiele-Ordners mit einer Größe von 20,3 GB. Um eine Limitierung der Leistung der zu testenden SSD durch ein zu langsames Quelle-/Ziellaufwerk zu verhindern, werden alle Test mit einer RAM-Disk durchgeführt.
In einem ersten Test wird eine 20 GB große Image-Datei zunächst von der RAM-Disk auf die SSD geschrieben. Anschließend wird die Datei von der SSD gelesen und auf die RAM-Disk zurückkopiert. In beiden Fällen werden die Zeiten von drei Durchläufen gemessen und ein Durchschnitt gebildet. Anschließend wird die Prozedur mit einem 20,3 GB großen Installationsordner, der mehrere Dateien unterschiedlicher Größen beinhaltet, wiederholt. Am Schluss wird derselbe Ordner zwischen zwei Pfaden auf derselben SSD kopiert. In diesem Fall muss die SSD Dateien gleichzeitig lesen und schreiben. Aus Dauer und Dateigröße wird abschließend die Transferraten in MB/s berechnet.
Leistung im Zeitverlauf
Um die Leistung der SSD mit zunehmendem Füllstand zu simulieren, wird das Testlaufwerk fast vollständig mit zufälligen Daten (nicht komprimierter) gefüllt. Es verbleiben lediglich 10 GB freier Speicherplatz. Unter diesen Bedingungen werden die Tests mit dem Crystal Disk Mark wiederholt und die Ergebnisse verglichen.
Ab sofort stellen wir auch die durchschnittliche Schreibgeschwindigkeit für euch als Diagramm dar. Dabei handelt es sich um die mittlere Transferrate, die die SSD beim vollständigen Beschreiben des NAND-Speichers benötigt. Lediglich 10 GB Speicherplatz bleiben bei diesem Test frei, damit noch weitere Benchmarks im gefüllten Zustand ausgeführt werden.
Dieser Geschwindigkeitswert wird dabei unter anderem durch den SLC-Cache (langsameres Schreiben im TLC-Modus) und die Reduzierung der Laufwerksleistung aufgrund zu hoher Temperaturen (Throttling) beeinflusst. Um letztere Komponente zu kompensieren, testen wir die Laufwerke ab sofort einmal mit und einem ohne Kühler. Als Kühler kommt der RaidSonic ICY BOX IB-M2HSF-702 mit automatischer Drehzahlregelung zum Einsatz. Diese Ergebnisse tragen das Kürzel (K).
Ergebnisse der Kingston NV2 SSD
Wer zur Kingston NV2 SSD greift, ist sich bereits bewusst, dass das Laufwerk absolut gesehen nicht unbedingt eine Rakete ist. Das muss die NV2 aber auch gar nicht sein.
Kingston positioniert die 2-TB-Variante als einfachen NVMe-Riegel mit einer Lesegeschwindigkeit von maximal 3.500 MB/s und einer Schreibrate von maximal 2.800 MB/s. Für die Versionen mit niedrigerer Speicherkapazität fallen diese Werte ein wenig geringer aus, die 4-TB-Version ist laut Hersteller mit dem 2-TB-Modul in Hinblick auf die Geschwindigkeit gleich auf.
In Bezug auf die gebotene PCIe-4.0-Unterstützung ist die NV2 SSD als ganz klar limitiert. PCIe 4.0 ist hier also eher ein Kompatibilitätsbonus und hat nichts mit der tatsächlichen Leistung der SSD zu tun.
In den sequenziellen Lese- und Schreibtests macht die Kingston NV2 SSD 2 TB grundsätzlich eine gute Figur und erreicht die beworbenen Transferraten relativ mühelos. Lesend haben wir maximal 3.800 MB/s, schreibend bis zu 2940 MB/s gemessen.
Im Bereich der wahlfreien Zugriffe laufen die lesenden Tests ohne große Auffälligkeiten durch. Beim Schreiben ist die Leistung zwar auch konsistent, hier muss sich die NV2 SSD aber beispielsweise der Crucial P3 2 TB mit PCIe 3.0-Anbindung geschlagen geben. In dieser Disziplin bricht die Leistung vor allem dann ein, wenn das Laufwerk fast vollständig gefüllt ist.
In den praktischen Kopiertests liefert das Kingston Laufwerk ebenfalls gute Werte, die die SSD auch zum Archivieren größerer Bild-, Video- oder Musik-Sammlungen nutzbar machen. Beim gleichzeitigen Lesen und Schreiben von Daten auf das Laufwerk knickt die Leistung hingegen ein wenig ein.
Der Endgegner: Dauerschreibtest
Am Ende muss sich auch die Kingston SSD noch durch unseren Dauerschreibtest quälen. Dabei ermitteln wir die durchschnittliche Schreibgeschwindigkeit, die beim vollständigen Füllen des NANDs möglich ist. Die NV2 kommt hier auf einen Wert von 380 MB/s. Das ist weit von den Möglichkeiten moderner PCIe-4.0-SSDs entfernt, übertrifft aber die Leistung der Crucial P3-Serie in dieser Disziplin immer noch deutlich.
Da das Laufwerk ohne Kühler geliefert wird, haben wir denselben Test mit einem aktiven SSD-Kühler wiederholt. Dann erreicht die Kingston NV2 SSD hierbei sogar bis zu 431 MB/s. Ein Teil des Leistungsverlustes ist also ohne Frage dem Throttling durch hohe Temperaturen zuzuschreiben. Der Rest geht auf die Kappe des direkten Schreibens in den TLC-NAND, weil der SLC-Cache nach kurzer Zeit voll ist.
Die Höchsttemperatur haben wir mit 107 °C im Bereich des Controllers ermittelt, was ziemlich heiß ist. Wer das Laufwerk also häufig mit größeren Datenmengen bespielt, sollte der NV2 unbedingt einen Kühler spendieren.
Fazit
Die Kingston NV2 SSD möchte mit PCIe-4.0-Anbindung und einem attraktiven Preis punkten. Das gelingt der SSD im Rahmen der ihr gegeben Möglichkeiten auch recht gut.
Die gemessene Leistung entspricht den beworbenen Werten und reicht für alltägliche Anwendungen locker aus. Leistungswunder dürfen von der NV2 SSD nicht erwartet werden, das dürfte aber Käufern dieser Laufwerkskategorie klar sein. Wir sehen die NV2 als intelligente Alternative zu SATA-basierten SSDs.
Ein wenig Verwirrung stiftet Kingstons Strategie in Bezug auf die unterschiedliche Bestückung mit verschiedenen Controllern von SMI und Phison sowie die Existenz von Varianten mit TLC- oder QLC-NAND.
Wer sich von dieser Tatsache nicht abschrecken lässt, die in unseren Augen in dieser Leistungsklasse eher zu vernachlässigen ist, bekommt hier 2 TB NVMe-Speicher ab derzeit 89 Euro geboten. Die 4-TB-Variante gibt es bereits ab 225 Euro, was die Kingston NV2 SSD für reine Speicheranwendungen zu einer interessanten Option macht.
Pro
- attraktiver Preis
- PCIe 4.0
- gute Transferraten
- gute Alternative zu SATA-SSDs
Contra
- verwirrende Strategie mit verschiedenen Hardwarevarianten
- zufällige Schreibleistung bei Füllung des NANDs
- hohe Temperaturen unter Last
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher, weiblicher und diverser Sprachformen (m/w/d) verzichtet. Alle Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.
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